Print_Buddy Giovinazzo - Potsdamer Platz

Extra Dry

Ein Noir-Profi der Trübsal stößt seine Leser wieder tief in den Unrat der menschlichen Psyche. Schwarze Gedanken in der neuen deutschen Hauptstadt.    08.09.2003

"Potsdamer Platz" - ein klassisch öder Titel. Wen interessiert sowas? Der Autor aber heißt Buddy Giovinazzo und kommt aus New Jersey. Der Name ist Programm, den wollen wir uns merken. Da reift ein Talent heran, das schon jetzt für knallharte Action steht, für erwachsene Blut- und Beuschelorgien und Tempo, Tempo, Tempo. Knochentrocken, extra dry. Ah, Freunde, das ist Lektüre in großen Brocken, und wenn in diesem Buch eines danebengegangen ist, dann die psychoanalytischen Rückblenden und zwischenmenschlichen Subtilitäten. Empfehlung ans Lektorat: streichen. Und an unseren neuen Freund Giovinazzo: Konzentration aufs Wesentliche, denn das kann genug.

Nämlich: Tony, Mafiakiller aus New Jersey, findet sich mit seinem psychopathischen Partner in Berlin auf der Megabaustelle Potsdamer Platz. Die Absicht: Türkischer Clan bekommt Hilfe gegen die Russenmafia von der US-Mafia. Was wohl passiert, wenn Amerikaner versuchen, auf fremdem, unbekanntem Territorium ihre naiv-plumpe Heilsbotschaft zu deponieren? Wie schief kann das gehen?

Sehr schief - denn wie zu erwarten, wollen die gewohnten Dampfhammermethoden der Ami-Mafiosi nicht greifen. In ihrem Untergang begreifen sie mit Mühe, daß sie hier gegen Mächte antreten, die ihre Grausamkeit, Entschlossenheit und Cleverness kalt übertreffen.

Bevor jemand auf die Idee kommt, zu fragen - nein, dies ist kein politisches Buch. Dies ist ein Thriller mit einem tragischen Helden, der vom Monster zum Lover mutiert.

Und das geht nie gut aus.

Joachim Rosenberger