Musik_Händels "Messias" an der Wien
Osterklang-Triumph
Beim alljährlichen Oster-Musikfest kam es im Haus an der Wien zu einer Wiederaufnahme der 2009 gespielten szenischen Fassung von G. F. Händels Meisteroratorium. Diesmal konnte man mit einer exzellenten musikalischen Realisierung punkten.
06.05.2014
Die szenische Umsetzung eines Oratoriums ist jedes Mal eine Gratwanderung - doch dem deutschen Regisseur Claus Guth gelang mit der heurigen Produktion von Georg Friedrich Händels "Messias" nach Schuberts "Lazarus" der Spagat, aus Musik, Text und Handlung eine überaus beeindruckende Symbiose zu schaffen.
Händels Oratorium wurde 1742 in Dublin uraufgeführt. Obwohl der Komponist in Deutschland (Hof an der Saale) geboren wurde, vermied er in seinen späteren Lebensjahren jeglichen Deutschlandbezug und gab sich dann nur mehr "very british".
Der "Messias" besteht aus drei Teilen - nämlich der Geburt Christi, der Auferstehung und zum Schluß der Erlösung. Händel, der als Barockkomponist ein Vielschreiber war (nicht alle seine Werke sind musikalische "Reißer"), gelang mit diesem Werk ein bis heute dauerhafter Bestandteil des Repertoires aller Konzerthäuser.
Guth setzte die Handlung in der Jetztzeit an: Ein Mann (hervorragend gespielt vom Tänzer Paul Lorenger) bekommt mit seiner Familie Schwierigkeiten, wird offenbar in der Firma gemobbt, gesellschaftlich ausgestoßen und nimmt sich zu schlechter Letzt das Leben. Seine Mitmenschen (also die Gesellschaft) merken natürlich erst erst, wenn es zu spät ist, daß ihr Fehlverhalten den Selbstmord ausgelöst hat. Der Regisseur läßt diese Handlung in einem so alltäglichen Rahmen spielen, daß sich jeder Zuseher darin wiedererkennen kann.
Musikalisch war die Aufführung ein regelrechter Triumph - allen voran die Solisten, wobei der Sopran Maria Bengtsson und der Tenor Charles Worman hervorstachen. Das Ensemble Les Talens Lyriques unter dem Dirigenten Christophe Rousset schuf musikalisch ein richtiges Osterwunder, das bereits jetzt die Vorfreude aufs nächste Jahr weckt.
In der Saison 2013/14 war das Orchester mit Abstand das beste Barockensemble. Schade, daß der sonst so beliebte Schoenberg-Chor bei einer gewissen Einförmigkeit und Eintönigkeit blieb. Richtige Piani waren bei den Choristen selten; als Beispiel muß man die Nummer 23 im ersten Teil "All we like sheep have gone astray" erwähnen. Hier hätte man einen luftig leichten und zynischen Gesangston wählen sollen und keinen schwerfälligen akademischen Chorklang. Bis auf diesen kleinen Mangel durfte man jedoch eine der besten Produktionen des aktuellen Wien-Programms miterleben.
Herbert Hiess
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