Musik_Nine Inch Nails - With Teeth

Nägel mit Biß

Rechtzeitig zu seinem 40. Geburtstag veröffentlichte Trent Reznor das vierte NIN-Album. Kein bißchen leiser macht er einfach weiter, als wäre nichts gewesen. Aber da war doch was?    17.05.2005

Trent Reznors Lebenslauf liest sich wie der eines typischen Klischee-Rockstars: Über Nacht berühmt, von den Fans vergöttert, schlitterte er im Laufe der Zeit in einen deliranten Zustand massiven Alkoholkonsums, der zwar seinem kreativen Schaffen keinen Abbruch tat, allerdings kräftig an seiner Gesundheit nagte.

Dann erschien 1994 "The Downward Spiral". NIN waren am Zenit angelangt - das schizophrene Werk räumte gleich mehrfach Platin ab und gilt bis heute als das wahrscheinlich beste Album der Ein-Mann-Formation. Doch danach wurde es stiller. Es erschienen einige Remix-Alben, Reznor betätigte sich erfolgreich als Produzent für Filmmusik ("Natural Born Killers", "Lost Highway") - zu einem neuen Studioalbum konnte er sich allerdings lange nicht aufraffen. Ganze fünf Jahre sollte es dauern, bis sich 1999 "The Fragile" als durchaus würdiger Nachfolger der bisherigen Werke erwies. Es war ein letztes Aufbäumen der alkoholischen Agonie Reznors, auf das dann der totale Zusammenbruch folgte: Selbstmordgedanken und das Abstürzen in die Alpträume, die er in seinen Texten stets heraufbeschworen hatte.

Doch Reznor gab nicht auf. Er wurde abstinent, beschloß seinen Kopf klar und seine Depressionen in den Griff zu kriegen. Als er sich einigermaßen gesammelt hatte, pilgerte er ins Studio um ein neues Album aufzunehmen. Zum ersten Mal setzte er auf einen erfahrenen Producer, den er in Alan Moulder (u. a. Depeche Mode und U2) fand. Und tatsächlich, mit "With Teeth" schaffte er den Spagat zwischen altem und aktuellerem Material: Der softe Opener "All the Love in the World" hätte auf "The Fragile" Platz gefunden, Stücke wie "Getting Smaller" wären auf "The Downward Spiral" nicht weiter aufgefallen. Reznors Stil ist derselbe geblieben, ohne Frage diesmal allerdings etwas aufgeräumter, "nüchterner", aber keinesfalls weniger aggressiv, rebellisch und bissig: Sauberes Drumprogramming, straffe Arrangements, kreischende Säge-Gitarren und die legendären "Outbursts" des charismatischen Sängers machen die 14 neuen Nummern zu einem durchwegs spannenden Erlebnis.

Ernst Meyer

Nine Inch Nails - With Teeth

ØØØØ


Nothing/Interscope/Universal (USA 2005)

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