Musik_Britische Spitzenensembles in Wien
Vorweihnachtliche Musikfreuden
Die Wiener hatten das Glück, innerhalb von nur vier Tagen zwei formidable britische Ensembles von Weltruf in ihrer Stadt hören zu dürfen. Zuerst zelebrierte das King´s Consort Henry Purcells "King Arthur" im Theater an der Wien, dann spielten The Sixteen Claudio Monteverdis "Marienvesper" im Konzerthaus - zwei wahrhafte Großereignisse!
11.12.2014
Robert King und sein King´s Consort sind regelmäßig zu Gast im Theater an der Wien; diesmal begeisterten sie bei einem vorweihnachtlichen Konzert mit Henry Purcells "King Arthur". Dieses Werk ist (wie "The Fairy Queen") eine Semi-Opera, also eine Art Schauspielmusik. In der konzertanten Aufführung wurden die großartigen Musiknummern geballt serviert. Robert King erklärte wie immer in einer launigen Ansprache in feinstem britischen Englisch den Besuchern im Theater an der Wien die britischen Zustände im Uraufführungsjahr 1691, wobei natürlich der Inselhumor nicht fehlen durfte.
Purcells Musik ist auch bei "King Arthur" ein Ohrenschmaus. Der Brite erzielt mit kleinster Instrumentation die größten Effekte. Der Hörer kann in der Semi-Oper alles erleben, von berührenden kammermusikalischen Passagen bis hin zu großen Opernszenen. Sowohl die Solisten als auch das gesamte Ensemble waren einfach phantastisch.
Vier Tage später gastierte die hervorragende Truppe The Sixteen im Wiener Konzerthaus. Das Publkum hatte das Glück, endlich wieder Claudio Monteverdis "Marienvesper" hören zu können, die 81 Jahre vor Purcells "King Arthur" uraufgeführt wurde. Die Entstehungsgeschichte des Werks kann man als "sehr bewegt" bezeichnen, weil der Zweck der Komposition bis heute nicht wirklich eindeutig ist. Monteverdi widmete seine "Vesper" Papst Paul V., obwohl Fachleute den sakralen Inhalt immer wieder anzweifeln. Letztlich ist die "Marienvesper" eine Aneinanderreihung von Motetten, Psalmen und einem Magnificat - aber es kommen auch "profane" Instrumentalteile vor. Der Komponist nahm sogar eine Anleihe bei sich selbst; die Eröffnung werden Monteverdi-Kenner sofort als Toccata aus dem "L´Orfeo" wiedererkennen.
Monteverdi war ein Meister der Polyphonie, was bei fast jedem Teil deutlich wird und nur von einem Spitzenensemble wie The Sixteen so perfekt gebracht werden kann. Mit Fugen, Antiphonen etc. hört man da das ganze Spectrum der Kompositionstechnik. Einfach großartig, wie fortschrittlich Monteverdi damals schon war!
Das britische Ensemble muß man eigentlich selbst erleben - es ist schier unglaublich, wie sensibel und perfekt sowohl die Sänger als auch die Instrumentalisten unter Harry Christopher einen Abend der Sonderklasse gaben. So wurde aus dem Wiener Konzerthaus eine gewaltige Kathedrale, in dem man einen stimmungsvollen Vorgeschmack auf den kommenden Feiertag Maria Empfängnis erleben durfte.
Ein PS für audiophile Fans: Der berühmte "Solti-Ring" aus den Sofiensälen, der mit dem legendären Decca-Produzenten John Culshaw in den 60er Jahren produziert wurde, ist nun auf Blu-ray Audio erschienen. Über Künstler und Qualität dieser einzigartigen Aufnahme braucht man kein Wort mehr zu verlieren; nun kann man sie eben auch in brillanter Qualität auf einer entsprechenden Anlage genießen.
Herbert Hiess
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