Akzente_The Tiger Lillies im Ö1 Kulturzelt
Von Zirkus-Freaks und Kreuzigungen
Von 22. bis 24. Juni herrscht auf der Wiener Donauinsel wieder Hochbetrieb. Inmitten der zahlreichen Veranstaltungen macht besonders diese obskure Londoner Formation den Samstag zum Pflichttermin.
20.06.2007
Sie vertonten gemeinsam mit Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten H. P. Lovecrafts "Mountains of Madness", mit dem Orchester der Vereinigten Bühnen Wien "Die Weberischen", Hans Christian Andersens "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" oder den "Struwelpeter" - und fräsen sich auch ohne literarische Vorlagen seit 1994 mit ihren herrlich makabren Eigenkreationen tief in die Gehörgänge: Die Rede ist von den drei Londoner Herrschaften Martyn Jacques, Adrian Huge und Adrian Stout, besser bekannt als die Tiger Lillies.
Wenn Sänger Jacques via Falsett hundsgemeine Texte zu Akkordeon und singender Säge ins Mikrophon fistelt, vergißt man das garantiert nie wieder. Thematisch widmet sich das Trio unter anderem Themen wie Sodomie, Inzest, fröhlicher Masturbation oder der Kreuzigung des Heilands. Dabei klingen sie etwa so, als würde Dame Edna für den Cirque de Soleil eine Hommage an Tom Waits kreieren und selbige musikalisch irgendwo zwischen Polka, Chanson und Varieté-Begleitung ansiedeln. Während die einen sie als Brechtsches Zigeuner-Kabarett bezeichnen, erscheinen sie anderen wiederum wie Monty Python meet The Pogues.
Kurzum: Einmal im Leben gesehen oder zumindest gehört haben sollte man sie so oder so - und diesen Samstag bietet sich anläßlich des Wiener Donauinselfests die Gelegenheit. Falls Sie dort auch gleich zu Zeilen wie "Cancer cancer it´s so good for you" oder "I´m crucifying Jesus, banging in the nails" mitsingen wollen, empfehlen wir Ihnen, sich den vor kurzem erschienenen Bildband "The Tiger Lillies Book" zu besorgen, der neben Unmengen an Photos auch sämtliche Texte des Trios beinhaltet.
Jürgen Fichtinger
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