Akzente_Donaufestival & Gravity Festival
Der Besuch der alten Herren
Die Festival-Saison ist eingeläutet - fast schon traditionell mit zwei exquisiten Indoor-Veranstaltungen: dem "Donaufestival" in Krems und dem "Gravity Festival" im Wiener Planet Music. Beides Pflichttermine, nicht nur für Leute mit notorischer Campingplatz-Phobie.
13.03.2007
Vieles von dem, was das Line-up des musikalischen Programms des diesjährigen "Donaufestivals" (19. bis 30. April) aufzubieten vermag, hätte sich wohl ebenso auf einem progressiv orientierten Festival im Jahre 1982 gut gemacht. Aber auch ohne sich gleich Grundsatzgedanken über die Korrelation zwischen Alter und Avantgarde zu machen, muß man konstatieren, daß viele der einstigen Pioniere, die heuer unter dem Motto "Unprotected Games" und in etwas eingeschränktem Umfang (nur noch an zwei Wochenenden mit Krems als einzigem Standort) bei diesem Festival auftreten, nichts von ihrer Strahlkraft verloren haben.
Allen voran natürlich Gang Of Four, deren messerscharfe Riffs spätestens durch die seit drei Jahren akut grassierende Post-Punk-Welle wieder in aller Munde und in vieler Epigonen Gitarrenverstärker sind. 30 Jahre nach der Band-Gründung wird das legendäre Vierergespann nun noch mal live vorstellig - selbstverständlich mit Songs aus ihrem Meisterwerk "Entertainment" und vielleicht auch neuem Material. Guerrilla war struggle is a new entertainment!
Am selben Abend (dem 28. April) kann man übrigens auch die Dance-Funk-Mamas von ESG bewundern - die ja ebenfalls bereits seit drei Jahrzehnten und nun erneut recht erfolgreich im Geschäft sind. Dasselbe ließe sich nahezu deckungsgleich auch über einen weiteren Headliner behaupten: Throbbing Gristle. Die Industrial-Vorreiter rund um Front-Genderbender Genesis P-Orridge werden dabei gleich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden auftreten: einmal mit Material aus dem brandneuen (!) TG-Album "Part Two - The Endless Not", das andere Mal mit einer Vertonung des Derek-Jarman-Films "In The Shadow Of The Sun".
Angesagt haben sich unter anderem auch David Tibet, der einen Abend kuratieren und dabei noch mit Current 93 auftreten wird, Suicide-Hälfte Alan Vega, JG Thirlwell alias Foetus und Nurse With Wound - und die spielen ja bekanntermaßen so gut wie nie live.
Aber natürlich ist dieses Donaufestival nicht nur Veteranenparade: The Notwist werden ihren ersten Live-Gig seit längerer Zeit absolvieren, die Sound-Avantgardisten Matmos gemeinsam mit Jay Lesser auftreten, die Doom-Koryphäen SunnO))) die Wände der Minoritenkirche zum Einstürzen bringen und Jamie Lidell ebenda mit Freunden Electro-Soul-Poppen.
Schauplatzwechsel: Zum nunmehr zweiten Male findet dieses Jahr das äußerst ambitioniert programmierte und vom EVOLVER mitpräsentierte "Gravity Festival" (23. und 24. März) im Wiener Planet Music statt. Dort kann man dann das Erbe der Gang Of Four erste Reihe fußfrei miterleben: in Form des ersten Österreich-Gigs von The Futureheads, die zu den begabtesten, aber irgendwie auch unterschätztesten Post-Punk-Revivalisten zählen.
Begabt und unterschätzt: Das ließe sich ohne Abstriche gleich auf den zweiten Gravity-Headliner übertragen. Auch die britischen Duels sind trotz famosen Albums ("The Bright Lights And What I Should Have Learned") im vergangenen Jahr ein wenig durch den Hype-Rost gefallen - völlig zu Unrecht. Live werden die Leedser aber den Eindruck wohl grade rücken. Wäre doch gelacht, wenn ihre Heimatstadt nur wegen der Kaiser Chiefs in den Pop-Schlagzeilen stehen würde ...
Über zu wenig Medienrummel brauchen sich die Noisettes nicht zu beklagen. Mit ihrem demnächst erscheinenden Album "What´s the Time Mr. Wolf" sorgen sie in Großbritannien bereits für Furore - und wer sie als Support von Muse im verwichenen Dezember gesehen hat, der weiß: Live ist dieser hochenergetische Rrriot-Girl-Rock eine ziemliche Kanone.
Weiters mit von der Schwerkraft-Partie: The-Notwist-Mitglied Martin Gretschmann mit seinem Zweitprojekt Console, der an dieser Stelle nicht minder geschätzte norwegische Singer/Songwriter Saint Thomas und die Post-Rock-Könner von Trans Am (bei der Opening Party am 18. März). Man sieht sich.
Christoph Prenner
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