Akzente_Theater an der Wien/Daniel Barenboim dirigiert Beethoven
Schießen Sie nicht auf den Dirigenten!
Dirigierende Pianisten gibt es mittlerweile mehr als genug - nicht zuletzt, da Klavierspieler ein zweites berufliches Standbein brauchen. Barenboim ist einer der interessantesten Vertreter dieser Gruppe. Leider ist seine berufliche Grätsche bei den Beethoven-Klavierkonzerten allerdings etwas danebengegangen.
16.04.2008
Das Theater an der Wien hat historisch gesehen eine große Beethoven-Tradition. Kein Wunder also, daß das jährliche Konzert der Wiener Philharmoniker in diesem Haus wieder einmal ganz im Zeichen des großen Komponisten stand.
Interpret war diesmal der Pianist Daniel Barenboim, der vom Flügel aus die Klavierkonzerte Nr. 3 in c-moll und Nr. 4 in G-Dur dirigierte. Als Überraschung gab es zu Beginn die Orchesterfassung des "Andante cantabile" aus dem "Erzherzogtrio" Nr. 97 von Franz Liszt. Dieses Stück war gleichzeitig das erfreulichste des ganzen Abends. Liszt komponierte es in wunderschönen romantischen Farben; Daniel Barenboim und die Philharmoniker interpretierten das Werk durchsichtig, berührend und trotzdem spannend. (Aufmerksame Hörer werden bemerken, daß das Hauptthema sehr oft den zweiten Satz - das Larghetto - seiner 2. Symphonie zitiert.)
Es folgten die Klavierkonzerte Nr. 3 und Nr. 4. Leider offenbarten sich dabei klar die Grenzen der Dirigierbarkeit vom Klavier aus, und die schwierigen Parts forderten ihren Aufmerksamkeitstribut. Barenboim ist zwar ein großartiger und souveräner Pianist, doch bei solch einer "Doppelbelastung" bleiben sowohl das Klavierspiel als auch das Dirigat auf der Strecke.
Dabei schreien gerade diese beiden Klavierkonzerte nach einer dirigentischen Gestaltung. Um wieviel mehr hätte Barenboim da noch auf die Konzerte eingehen können ... Und so wunderschön und perlend die Musik auch klang: Der Pianist demonstrierte vor allem bei den langsamen Sätzen oft einen "Bleifuß".
Als Fazit bleibt: Daniel Barenboim als Pianist mit einem guten Dirigenten - das gäbe die optimale Kombination. So war es zumindest ein interessantes Experiment, wenngleich das Ergebnis nicht ganz so ausfiel wie gewünscht.
Herbert Hiess
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