Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen
Abschlußfest
Dr. Trash empfiehlt: Reisen Sie mit ihm durch die Zeit - in den Dezember 2004. Damals schenkte sich der Doc zu Weihnachten selbst den letzten Band des epischen Fantasy-Konvoluts von Stephen King. Und weil er nach dem jahrelangen Warten so ungeduldig war, hatte er ihn schon vor dem Fest ausgelesen. Da aber ging ihm ein Stern auf ...
19.09.2007
Lange Zeit sah´s schlecht aus für "Der Dunkle Turm" - den Zyklus, den sich Stephen King, der Erfinder des Horror-Bestsellers, zum Lebenswerk auserkoren hatte. Nach drei ziemlich aufregenden ersten Bänden legte der Mann eine etwa hundertjährige Pause ein, weil er soviel zu tun hatte, nicht nur für die Bahnhofsbuchhandlungen dieser Welt, sondern auch für Film und Fernsehen. Jene King-Fans, die mit seiner sterbenden Fantasy-Welt (in die Revolvermann Roland seine irdischen Gefährten holte, um mit ihnen besagten Turm zu suchen) etwas anfangen konnten, gaben fast die Hoffnung auf.
Doch dann passierte etwas Tragisches: King wurde von einem betrunkenen White-Trash-Autolenker erlegt, erlitt schwere Verletzungen, plante das Ende seiner Schreibkarriere und wollte das große Werk vor Pensionsantritt unbedingt fertigstellen. Flugs schrieb er also die Bände IV bis VI (solche Serien werden immer mit römischen Zahlen angeliefert), jeder für sich ein Wälzer - und jeder für sich äußerst mühsam und langatmig, wie ein gewisser Peter Hiess schon in Einzelrezensionen auf den Seiten dieser Publikation ganz richtig feststellte. Die Fans hörten zu lesen auf oder ließen einen Großteil ihrer Hoffung fahren, dorthin, wo auch immer die Hoffnung fährt. Wir wissen es nicht.
Jetzt aber: Band VII (7, für ungebildetere Leser): Der Turm, erschienen im Heyne-Verlag. Das Ende. Der glorreiche Abschluß. Stephen King hat sich rehabilitiert und seinem Publikum endlich wieder das geliefert, wofür es ihn liebt. Roland und sein ka-tet kehren neuerlich und komplett in die Welt zurück, die "sich weiterbewegt hat", und wagen dort den letzten Anlauf. Bevor es zum Kampf gegen den scharlachroten König und seinen seltsamen Sproß - das Mischwesen Mordred (mit dessen Zeugung auch der Revolverheld zu tun hatte) - geht, haben die Gefährten noch andere Abenteuer zu bestehen, Schicksalsschläge zu ertragen und einige Feinde zu erledigen, die an die widerlichsten und perfidesten Gestalten aus alten King-Schockern erinnern.
All das fesselt den Leser mehr als 1000 Seiten lang an dieses großartige Finale, bei dem Stephen King als Romanfigur und Autor selbst eine Meta-Rolle spielt (durch die er geschickt einige "deus ex machina"-Wendungen rechtfertigen kann). Nur der Schluß läßt ein bißchen zu wünschen übrig; doch vor dem warnt der Autor auch und wirft den Lesern vor, daß sie zu denen gehören, die den Orgasmus für das Wichtigste beim Sex halten. Dabei, so schreibt er, "ist der Orgamus Gottes Art, uns mitzuteilen, daß wir fertig sind, zumindest vorläufig, und nun richtig schlafen gehen sollten".
Und einem solchen Argument kann man sich ja wirklich nicht entziehen.
Dr. Trash
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