Kolumnen_Unerwünschte Nebenwirkungen
Stromtod
Dr. Trash empfiehlt: Meiden Sie das Internetz - außer eventuell, wenn Sie EVOLVER lesen. Alles andere ist Zeitvergeudung, sinnlose Pseudokommunikation, schlecht recherchiertes Geschwätz und Hobbyismus. Der anständige Mensch liest ein Buch, so wie der Doc im Sommer 2006, und freut sich über die Zombies, die ihm ausnahmsweise nicht aus dem Monitor entgegenstarren.
27.02.2008
Das postindustrielle Zeitalter hat uns zu Sklaven des Monitors gemacht. Wer seine Arbeitszeit nicht damit damit ausfüllt, durch Hämmern und Grölen einen Handwerksberuf zu simulieren, verbringt sie an den Computer geschmiedet. Da gibt es immer neue Geschäftsbriefe abzufassen, Tabellenkalkulationen anzustarren und E-Mails auszumisten. Und zu Hause geht´s weiter: Partnerbörsen, Sexfilmchen, Short News aus der Fashion-Welt und die eigene Website, um Kind und Hund der Welt zu präsentieren. Daneben, im Jugendzimmer, surfen die sogenannten Kids vom YouTube-Videoclip über die FM4-Selbstverwirklichungs-Kommentarseiten bis in die überbevölkerten Abgründe von MySpace, wo sie erbärmliche Hobbyseiten basteln dürfen. Gelesen wird nicht, danke. Wer hat die Zeit?
Nun ist ja auch der Doc - wie Fachkundige wissen - seit vielen Jahren im Internetz zu Hause (zumindest halbtags), doch selbst er weigert sich, dort zu lesen. Gut, gelegentlich überfliegt man irgendein Weblog oder studiert Wikipedia-Einträge, aber alles Wichtige druckt man sich ohnehin aus, um es dann in aller Ruhe auf dem Sofa zu studieren. Egal, was die Verlage, Literarischen Quartette und Kulturhüter behaupten: Das Netz ist keine echte Bedrohung. Wer Bücher liebt, wird sie weiterhin lieben, und andere werden sie lieben lernen. Der Rest gehorcht der Evolution und verlernt das Denken. Bei einer Weltbevölkerung von fast acht Milliarden Menschen kann das durchaus wer anderer übernehmen.
Zum Beispiel Ihr Doktor, der Ihnen - weil Sie jetzt vorgewarnt sind - heute ein Internet-Rezept ausstellt. Werfen Sie bitte Ihren Browser an und navigieren Sie zu folgender Adresse: www.brokentype.com/monster
Dort finden Sie David Wellingtons Zombie-Roman Monster Island, der dem Genre mit viel Phantasie, Kannibalen-Action und flottem Schreibstil einen längst notwendigen Starkstromstoß durch den untoten Leib jagt. Das Zombie-Virus hat fast die ganze Welt befallen; ein ehemaliger UN-Waffeninspektor reist mit einer somalischen Mädchenarmee auf der Suche nach AIDS-Medikamenten gen Manhattan; ein Medizinstudent macht sich selbst zum intelligenten Zombie, bevor er auch dumm herumtaumelt; ein Cliffhanger jagt den anderen.
Wellington hat seinen Roman in handliche Kapitel unterteilt, die man auch vom Bildschirm gern herunterliest. Aber man muß nicht - weil "Monster Island" wegen des großen Web-Erfolgs längst auch als Buch erschienen ist, beim US-Verlag Thunder´s Mouth Press, der demnächst auch den Nachfolger "Monster Nation" veröffentlichen wird.
Das freut den Doc, weil er so doch wieder bedrucktes Papier in die Hände kriegt. Und weiß: Nicht Computer sind gefährlich, sondern ihre Benutzer.
Dr. Trash
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