Kolumnen_Miststück der Woche II, Pt. 49

Hank III: "3 Shades Of Black"

Was Country-Songwriter seit den Tagen von Ol´ Hank wissen: Schwarz ist nicht gleich schwarz. Trotzdem läßt sich auf Tradition prima aufbauen - schließlich sind die things immer noch nicht brighter, wie Manfred Prescher weiß.    12.01.2009

Man kennt das ja: Langsam quält man sich aus dem Bett - und noch ehe man sich damit beschäftigen kann, mit Schwung und Elan in den Tag einzugreifen, wird man schon überrollt. Unter der Dusche, beim Rasieren, beim Frühstücken, im Auto: Immer hat man dieses eine Lied auf den Lippen, summt es vor sich hin, nervt damit die Umgebung. Dabei weiß man nicht mal, wie es dieses Miststück von Song überhaupt geschafft hat, die Geschmackskontrollen zu überwinden. In dieser Kolumne geht es um solch perfide Lieder.

 

 

Mit dem Namen Hank Williams ist man nicht wirklich gesegnet. Nummer 1 in der Riege war der größte Schmerzensmann seit den Tagen von Jesus und hätte auch am Kreuz eine gute Figur abgegeben. Schließlich wußte er, daß man nie lebend aus dem Leben herauskommt und daß das Ende mindestens so leidvoll sein wird wie die Tage, die man auf Gottes weitem Rund herumkreucht, auf der Suche nach Licht, Erlösung oder Liebe (die einem natürlich nicht gewährt wird). Siehe und höre die Geschichte vom kleinen Holzindianer Kaw Liga, der sich in eine herrlich geschnitzte Squaw verliebt, die im Andenkenladen gegenüber ihr Dasein fristet. Leider wird sie irgendwann verkauft - aber so ist das Leben, wie es uns Hank in seinen Songs beschrieben hat.

Hank II, der sich immer noch Hank Williams Jr. nennt, hatte gute Ansätze und hervorragende Frühwerke. Mit dem Erfolg kam der Wohlstand, und das Leid war plötzlich in Frittierfett getaucht. Dick und rund der Mann, genauso übergewichtig auch sein Nashville-Sound. Aber wir wissen ja aus der Vererbungslehre und dem eigenen Bekanntenkreis, daß der Apfel eben doch weit vom Pferd fällt. Oder, anders ausgedrückt: Erst die Enkel erreichen wieder das Niveau ihres Stammvaters. Dies läßt uns für die Cash-Sippe hoffen; vielleicht kriegt John junior doch noch einen Stammhalter ...

 

Hank III, der mit vollem Namen Shelton Hank Williams III heißt, ist tatsächlich der Enkelsohn des größten Country-Dichters aller Zeiten. Und das sieht man ihm auch an: Wenn Hank Nummer 3 auf der Bühne steht, verblüfft er schon mit seiner ähnlich schlanken, ausgemergelten Figur. So einer ist das personifizierte Leid. Weil er aber nicht direkt in die großen Fußstapfen des Alten treten wollte - schließlich wußte er von seinem Erzeuger, wie schwierig das ist - tobte er sich erst in Rockabillycountrypunk aus. Ein künstliches und nicht nur künstlerisch fragwürdiges Gipfeltreffen namens "Three Hanks: Men With Broken Hearts" brachte ihn dann aber auf die letztlich richtige Idee. Wenn einer zum echten Hank werden konnte, dann zweifelsfrei er.

 

In der Folge erschienen vier Alben - "Risin? Outlaw", "Lovesick, Broke And Driftin´", "Straight To Hell" und nun "Damn Right, Rebel Proud". Das CD-Quartett besticht vor allem bei den langsameren Stücken, dann ist die Nähe zu Hank sen. besonders groß.

"3 Shades Of Black" ist eine relativ flotte Düsterballade von der Art, wie sie schon in den späten 40ern funktioniert hätte. Seitdem haben die Cashs, Coes, Haggards, Jennings oder Earles immer wieder in dieselbe deprimierende Kerbe gehauen. Das ist nur logisch, da diese Songs ein erholsames Bad in fremder Leute Selbstmitleid sind. Aber eben nicht nur, wie Hank wieder einmal belegt: "Well 3 shades of black is where I come from, depression misery and hellacious fun." Wir sind aus dem Höllenfeuer des heiligen Jerry Lee Lewis geschmiedet und nur auf die gepeinigte Erde gekommen, um Spaß zu haben.

Wir wissen natürlich, wie das alles enden wird - siehe Old Hank - aber das stört uns nicht die blaue Bohne: "We all like metal and whiskey, living hard and chasing down hell/We´ll never give up on what we have cause the darkness gives us our thrill." Genau das ist es, was Nummer 3 von seinem Grandpa unterscheidet: Der Höllenhund hat genug gelitten. Er genießt die kurze Zeit, in der das Leben schön ist, und verschiebt das Unweigerliche auf später. Laut Hank macht Schwarz stark, sie ist die Farbe der Uniform, die man als des Teufels General eben trägt. Außerdem sind die Zeiten seit "Men In Black" nicht besser geworden, weshalb eine düster-schwarze Sicht auf die Dinge immer noch angebracht ist. So lange man das Leiden anderen überläßt und sich an Wein, Weib und Gesang erfreuen kann, geht das schwer in Ordnung. Übrigens sehen das zur Zeit viele so - nicht umsonst ist das aktuelle Werk von Hank III sein erfolgreichstes: Williams erreichte mit der CD Platz 2 in den US-Country-Charts.

Um düstere zwischenmenschliche Momente geht es im kommenden "Miststück". Wir feiern die 150. Ausgabe nächste Woche mit den 25. besten Beziehungsend-Songs.


Redaktioneller Hinweis: Lesen Sie auch Manfred Preschers E-Book für die Ewigkeit: Verdammtes Miststück! Die ersten 200 Pop-Kolumnen aus dem EVOLVER

Manfred Prescher

Hank III - Damn Right, Rebel Proud

(Photo © Liza Orozco)

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Curb Records/Import

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