TRON: Legacy
USA 2010
127 Min.
Regie: Joseph Kosinski
Darsteller: Garrett Hedlund, Jeff Bridges, Olivia Wilde u.a.
Kinostart: 27. Januar 2011
Effektsprühender Nerd-Gral der 80er Jahre, der den Nachgeborenen auch heute noch ein Funkeln in die Augen zaubert: Disneys kultisch verehrtes Videospiel-Filmmärchen "TRON" erhält Ende des Jahres seinen arg verspäteten Nachfolger. Dietmar Wohlfart wagt sich in die Welt des MCP. 04.12.2010
In Bezug auf Kino entzweien die 80er Jahre wie kaum ein anderes Jahrzehnt: Gegner erinnern sich an jene dunkle Ära, in der die Spielberg-Lucas-Connection mit ihrer Schar amoklaufender Effekttechniker die Überreste "New Hollywoods" endgültig unter Big Budget-Kolossen begrub. Liebhaber schwärmen indes von der naiven Reinheit und dem nostalgischen Zauber ausgewählter Science Fiction- u. Fantasywerke.
Für sie bahnten "Das Imperium schlägt zurück" (1980), "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981), "Time Bandits" (1981), "E.T." (1982), "Der Zorn des Khan" (1982), "Krull" (1983), "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" (1983), "WarGames" (1983), "Ghostbusters" (1984), "Gremlins" (1984), "Cocoon" (1985), "Zurück in die Zukunft" (1985) und eben "TRON" (1982) eine unbeschwingtere, magische Schneise aus den Ruinen des untergegangenen letzten goldenen Hollywood-Jahrzehnts.
Flynn vs. MCP
Der talentierte Softwareentwickler Kevin Flynn (Jeff Bridges) liegt mit seinem ehemaligen Arbeitgeber ENCOM im Clinch. Flynns firmeninterner Konkurrent Ed Dillinger (David Warner) stahl einst dessen Arbeiten, präsentierte sie als Eigenkreationen und stieg bis zum Firmenpräsidenten auf. Der ungestüme Flynn - nunmehr Spielhallenbesitzer und selbst sein bester Kunde - versucht sich daher in den Hauptcomputer ENCOMs zu hacken, um dort Beweise für Dillingers Verrat zu finden.
Doch ENCOMs Künstliche Intelligenz, das zunehmend stärker werdende "Master Control Program" (MCP) wehrt Flynns Attacken ab und holt zum Gegenschlag aus: Der Eindringling wird kurzerhand digitalisiert und in einer vom MCP kontrollierten Computerwelt materialisiert.
Den Programmen, die dieses künstliche Universum bevölkern, vermeintlich gleichgestellt, schließt sich Flynn dem heldenhaften Tron (Bruce Boxleitner) an. Tron, ein neuartiges, autonom operierendes Überwachungsprogramm, hat den Auftrag, die dunklen Geheimnisse des global vernetzten MCP zu Tage zu fördern und der Diktatur des Monsterprogramms ein Ende zu setzen.
Nischensujet mit hohem Nerd-Faktor
Im Gegensatz zu Spielberg und Lucas, die ihre Indys und Skywalkers aus uralten Heldenmotiven zusammenschusterten, und anders als Nicholas Meyer, der auf 15 Jahre Star Trek-Kult aufbauen konnte, oder Joe Dante, der Motive aus archaischen B-Horrorfilmklassikern frech modernisierte, war "TRON" auch eine ökonomische Risikoproduktion, scheinbar losgelöst von einer wirtschaftlich vertretbaren Zielgruppenorientierung.
Denn während beispielsweise John Badhams "WarGames" aus dem realen Bedrohungsszenario des Kalten Krieges schöpfte und seinen unbedarften Hauptprotagonisten zum Auslöser einer atomaren Krise stilisierte, beamte "TRON"-Regisseur Steven Lisberger sein Publikum direkt in die virtuelle Arena einer neonfarbenen Spielewelt aus Bits und Bytes. Höchst surreal muß diese frühe Cyberspacelandschaft - in der Programme als Abbilder ihrer Schöpfer leben und sterben, auf rasterartigen Schlachtfeldern bekämpfen und in religiöser Bindung zu den gottähnlichen "Usern" stehen - auf Nichtspieler gewirkt haben.
"TRON" mag einen frischen Ansatz verfolgt haben und technisch revolutionär gewesen sein - drei Jahre bevor Nintendo seine erste Heimkonsole auf den Markt warf und 13 Jahre vor der ersten "Electronic Entertainment Expo" (E3) war der Film aber unbestreitbar auch das ultimative Nerd-Event einer verschworenen Gruppe, die ihrem Exoten-Hobby fernab der öffentlichen Wahrnehmung frönte.
"Matrix"-Geburtshelfer
Lange bevor Thomas "Neo" Anderson in den Kampf gegen digitales Agentengesindel zog, bekriegten sich Flynn und seine Helfer bereits in Rasterarenen mit den Soldatenprogrammen des diktatorischen MCP. Eine Welt in Geiselhaft einer außer Kontrolle geratenen künstlichen Intelligenz, der eine ultimative Heilandfigur entgegengestellt wird - die Wachowski-Geschwister orientierten sich augenscheinlich auch am "TRON"-Konzept und modernisierten es in wesentlich dunklerer Form.
17 Jahre vor "Matrix" stand die Computertricktechnologie freilich noch in den Kinderschuhen. Die "Lisberger Studios", bestehend aus einer Gruppe junger Animationskünstler, entwickelten einige der neuartigen Verfahren digitaler Effekttechnik, die in späteren Jahren zum Standardrepertoire der großen Trickstudios zählen sollten, praktisch noch während des Herstellungsprozesses von "TRON". Lisberger träumte von einem unabhängigen Projekt, wurde von den ökonomischen Realitäten jedoch bald eingeholt und ging schließlich eine Kooperation mit Disney ein. Das kränkelnde Trickfilmstudio sah indes in dem schwer faßbaren "TRON"-Entwurf - bei allen offensichtlichen Risiken - eine Chance zur Revitalisierung des eigenen großväterlichen Images.
Besser nie als spät
Man durfte eigentlich nicht mehr damit rechnen: Sage und schreibe 28 Jahre nach der "TRON"-Premiere im Sommer des Jahres 1982 versuchen die Macher von "TRON: Legacy" allen Ernstes mit einem Sequel zu reüssieren. Es ist die längste Zeitspanne die jemals zwischen einem Hollywood-Feature-Film und seiner Fortsetzung verstrichen ist. Hauptdarsteller Garrett Hedlund war noch nicht geboren, als sein Film-Vater Jeff Bridges in den Disney Studios gegen immense Blue Screen-Wände anspielte.
"TRON: Legay" ist nicht die einzige extrem verzögerte Klassikerfortsetzung der jüngeren Vergangenheit, die schließlich doch noch ihren Weg auf die große Leinwand fand: Zwischen "Stirb Langsam - Jetzt erst recht" und "Stirb Langsam 4.0" lagen 12 Jahre, die Wartezeit zwischen "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" und "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" betrug 19 Jahre und der zuletzt angelaufene "Wall Street: Geld schläft nicht" überwand eine zeitliche Kluft von 23 Jahren zu seinem berühmten Vorgänger. Eines haben die genannten Sequels gemeinsam: Ihre Qualität läßt zu wünschen übrig.
Herausgerissen aus jenen Rahmenbedingungen, die einst Großes ermöglichten, entfesselt die versuchte Anwendung alter Zauberformeln oftmals einen gegenteiligen Effekt und übt nicht selten eine selbstzerstörerische Kraft aus. Das mußte bereits Francis Ford Coppola vor 20 Jahren im Zuge seiner dritten "Godfather"-Verfilmung zur Kenntnis nehmen. George Lucas scheiterte gar im größtmöglich vorstellbaren Stil und pumpte ein Vermögen in seine dreiteilige intergalaktische Prequel-Groteske.
Streng nach Baukastenprinzip lassen sich große Würfe nicht aus dem Ärmel schütteln. Magische Kinomomente sind auch glückliche Kinder ihrer Zeit, begünstigt durch kulturelle und politische Strömungen, vor allem aber geboren aus dem Zusammenwirken gebündelter Talente vor und hinter der Kamera, die - im Optimalfall - auf der Höhe ihrer Kunst agieren.
Würdiges Vermächtnis?
Das Verschwinden von Kevin Flynn (Bridges) bildet den erzählerischen Ausgangspunkt von "TRON: Legacy". Nach der Vernichtung des MCP und dem Sturz Dillingers nahm Flynn seinen Platz als CEO von ENCOM ein, ward dann seit den späten 80ern aber nicht mehr gesehen. Alan Bradley (Bruce Boxleitner), Schöpfer des ursprünglichen "Tron"-Programms, Flynns Freund und Nachfolger als Firmenchef, bittet dessen Sohn Sam (Garrett Hedlund), einem mysteriösen Signal, das ihn aus Kevins alter Spielhalle erreicht hat, auf den Grund zu gehen.
Für Joseph Kosinski, den Regisseur von "TRON: Legacy", ist es (wie einst für Steven Lisberger) die erste Regiearbeit. Wie bereits Lisberger vor ihm, ist auch Kosinski kein gelernter Filmemacher - er kommt aus der Designbranche. Doch wo liegen nun die thematischen Kernthemen und dramatischen Knotenpunkte des Streifens?
Lisbergers Vision handelte (auch) von der Bedrohung einer rasant fortschreitenden Quasi-Globalisierung durch den unkontrollierten Ausbau einer vernetzten Technologie, die ihre Schöpfer zu überflügeln und zu vernichten drohte. Kosinski streicht hingegen die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Kevin und Sam als eigentlichen emotionalen Bezugspunkt hervor. Außerdem wartet die "Legacy"-Handlung - ebenso wie bereits der Vorgänger - zusätzlich noch mit einem "Frankenstein"-Konflikt auf, dem Aufbegehren einer artifiziellen Intelligenz gegen ihren Erschaffer.
Solche Duplizierung und Auffrischung alter Erzählelemente kann gelingen, doch ist die Gefahr, daß eben diese im zu erwartenden allgemeinen Effekt-Tumult der Inszenierung ins Abseits gedrängt und letztlich mehr oder weniger "gelöscht" werden, nicht eben gering.
End of line.
TRON: Legacy
USA 2010
127 Min.
Regie: Joseph Kosinski
Darsteller: Garrett Hedlund, Jeff Bridges, Olivia Wilde u.a.
Kinostart: 27. Januar 2011
Vom mächtigen FBI-Mann zum sagenumwobenen Whistleblower: Liam Neeson begibt sich als historisch bedeutsames Informationsleck "Deep Throat" in einen unlösbaren Konflikt. Regisseur Peter Landesman porträtiert einen kühlen Loyalisten, der bewußt zwischen die Fronten gerät.
"Borg/McEnroe" durchleuchtet einen der introvertiertesten Stars der modernen Sportgeschichte. Um einen Björn Borg zu entschlüsseln, muß das Feld eines chronisch unterrepräsentierten Sport-Subgenres bespielt werden - eine Herkulesaufgabe mit Sverrir Gudnason und Shia LaBeouf in den Hauptrollen.
Vor 50 Jahren schrieb ein derangierter kleiner Mann mit Glasauge und Trenchcoat TV-Geschichte: Ab 1968 zermürbte der von Peter Falk verkörperte listige Frank Columbo 35 Jahre lang ganze Mörderscharen mit provokanter Hartnäckigkeit. Dietmar Wohlfart erinnert an die beliebte Krimiserie.
Ein Flugzeugunglück gebiert zwei tragische Figuren und verbindet sie auf unheilvolle Weise. In Elliot Lesters "Aftermath" - einer schlicht formulierten, überraschungsarmen Meditation über Trauer und Wut - übt sich Arnold Schwarzenegger in vehementer Zurückhaltung.
Ein gescheiterter Comic-Zeichner behauptet sich unbeholfen, aber tapfer in den Wirren einer Zombie-Epidemie. Shinsuke Satos Adaption des gleichnamigen Manga-Erfolgs "I Am A Hero" bietet Kurzweil und satte Splatter-Action auf japanischem Boden.
Nicolas Pesces karges Horror-Kleinod "The Eyes Of My Mother" widmet sich voll und ganz den verstörenden Anwandlungen seiner traumatisierten Hauptfigur, hat dabei aber außer stilvoller Schwarzweißoptik wenig zu bieten.
Kommentare_