The Social Network
ØØØ 1/2
USA 2010
121 Min.
Regie: David Fincher
Darsteller: Jesse Eisenberg, Justin Timberlake, Andrew Garfield u.a.
Regisseur David Finchers Gründerdrama kratzt am Image von Mark "Facebook" Zuckerberg, blickt ansonsten aber kaum hinter die Kulissen der viertgrößten Menschenansammlung der Welt. 30.09.2010
(Anm. d. Red.: Wie öfters bei wichtigen Neuerscheinungen haben sich gleich zwei unserer Kritiker den Film angesehen. Die alternative Rezension lesen Sie hier.)
Genaugenommen war es nur eine Frage der Zeit, bis die Geschichte des Harvard-Studenten Mark Zuckerberg im Kino landen mußte. Sie hat alles, was ein Blockbuster braucht: junge Helden, ein Projekt, das die Welt verändert, und jede Menge gefühlvoller Rahmenhandlung, ohne die auch kein spätes Yuppie-Melodram auskommt. Unter der Regie von David Fincher ist mit "The Social Network" ein Film entstanden, der – wie es sich für das Kino gehört – größer ist als das Leben. Stellt sich die Frage: ist er auch größer als die 500-Millionen-Seelen-Nation Facebook?
Wenn Zuckerberg antanzt, tanzen die anderen. Selbst Telekom Austria-Chef Hannes Ametsreiter wich dem Facebook-Gründer während seines Wien-Gastspiels im Frühjahr nicht von der photographischen Sonnenseite. Allerdings gibt es im Leben des Milliardärs auch einige Schattenseiten, und genau die greift David Fincher in "The Social Network" auf. Basierend auf dem Buch von Ben Mezrich, schildert er die wilden Gründerjahre und den auf sie folgenden Kampf um Facebook - Ereignisse, die von der Struktur her wie für Hollywood gemacht scheinen.
Als Quelle für Mezrichs Reality-Visionen diente Eduardo Saverin - der vierte Facebook-Gründer, der unter nicht restlos öffentlichen Umständen bereits zu Startup-Zeiten aus dem Unternehmen ausschied (im Bild: Andrew Garfield als Saverin). Die Ähnlichkeiten der von Mezrich in seinem Buch "Milliardär per Zufall" ("Eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug") geschilderten Charaktere mit den realen Facebook-Protagonisten sind also kein Zufall. In einem Interview mit dem Webportal "20 Minuten Online" gab Mezrich, der ein Jahr an dem Buch gearbeitet hat, zu Protokoll: "Um zwei Uhr nachts erhielt ich eine E-Mail von Will, einem Freund Eduardos, der Facebook mitgegründet habe und seine Geschichte erzählen wolle. Also habe ich die beiden in einer Bar getroffen, und so hat alles angefangen. Eduardo fühlte sich betrogen und befand sich mitten in einem Rechtsstreit mit Mark Zuckerberg." Aus diesem Rechtsstreit ist letztlich nicht viel geworden. Gerüchten zufolge soll sich Eduardo Saverin mit Facebook geeinigt und fünf Prozent "Abfertigung" bekommen haben.
Auch wenn sich rechtliche Implikationen bisher in Grenzen halten, am Image des 26jährigen Harvard-Absolventen Zuckerberg wird der Film schon einige Kratzer hinterlassen. Auch wenn Fincher nicht mit aufklärerischen Ansprüchen an die Sache herangeht, schildert er doch eine Realität abseits des rosaroten amerikanischen Erfolgstraums, selbst wenn die Protagonisten - Helden sind es ja keine - am Ende durch Berge von grünen Scheinen waten. "Du hast nicht 500 Millionen Freunde, wenn du dir auf dem Weg dorthin nicht auch ein paar Feinde machst", lautet die schon im Vorfeld des Filmes zu Tode zitierte Botschaft, und ihr folgend wird Zuckerberg (gespielt von Jesse Eisenberg) schon in der Eröffnungsszene des Streifens von seiner Freundin Erica Albright (Rooney Mara, rechts im Bild) als "Arschloch" archetypisiert. Dieses Setup wird die Figur (aus im Laufe der Handlung immer einsichtigeren Gründen) nicht mehr los. Für die Medien, die Mark Zuckerberg bisher als good guy gelistet haben, ist das ein gefundenes Fressen. Wer freut sich nicht, wenn so ein reiches Buberl, das Blasen an den Händen bestenfalls von innigen Selbstgesprächen kennt, auf einmal als Ungustl enttarnt wird?
Ein Kaliber wie etwa "Fight Club" (1999) hat David Fincher (im Bild am Set mit Jesse Eisenberg) mit "The Social Network" leider nicht abgeliefert. Das zeitlose Element der Story muß sich der Erfolgsgeschichte unterordnen. Das (verzerrte) Porträt der Geburt einer (binären) Nation (siehe auch: "The Birth of a Nation", 1915) wird vielleicht erst in einem Jahrzehnt oder später als solches wahrgenommen werden. Möglicherweise. Als reine Kinogeschichte, ohne den realen Aufhänger, wären mit "The Social Network" routiniert gemachte und durchaus spannende, aber dennoch oberflächliche 121 Filmminuten gelungen. Interessant wird der Film jedoch erst durch das echte Phänomen Facebook, das Fincher allerdings nicht wirklich hinterfragt. In "The Social Network" geht es nicht darum, wie es zu Facebook kommen konnte, sondern wie ein paar Kerle "per Zufall" reich wurden. Ein Hauch der "grellen Lichter der Großstadt" ("Bright Lights, Big City", 1988), nur zwanzig Jahre später und mit der Geschwindigkeit eines Videoclips erzählt.
Die vom Bestsellerautor Douglas Coupland porträtierte "Generation X"(1991) und später die im Roman "Microsklaven" ("Microserfs", 1995) angerissene "Generation Microsoft" waren erst richtig erkennbar, als sie schon wieder abgelöst und vorbei waren. Mit der "Generation Facebook" wird es nicht anders sein, in ein paar Jahren, wenn sie von der nächsten Killer-App ausgelöscht wird.
Wenigstens hat sie jetzt schon einen filmischen Gedenkstein.
The Social Network
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