Mit "Samsara" hat Regisseur Ron Fricke sein privates Photoalbum der Welt ins Kino gebracht. "Koyaanisqatsi" läßt grüßen.
03.09.2012
Ein Film ohne Worte, ohne Sprache, ohne Erzähler - das ist "Samsara" des amerikanischen Filmemachers und Kameramanns Ron Fricke. Das Sanskrit-Wort bezeichnet das sich drehende Rad des Lebens, den Kreislauf von Entstehen und Vergehen. Ähnliches versucht Ron Fricke auch mit seinem Film. "Samsara" ist so etwas wie eine Dokumentation, die mit einer assoziativen Bilderflut eine Art Bestandsaufnahme der Erde darstellt. Fricke zeigt Felsmassive und zerklüftete Gesichter, spielende Kinder und starr blickende Plastikpuppen, betende buddhistische Mönche und afrikanische Krieger, streng blickende Soldatinnen in Uniform und asiatische Tänzerinnen. Wir spähen in eine Waffenfabrik und hinter die Mauern eines Gefängnisses, beobachten die Besuchermassen in Mekka und die im Morgenlicht glänzenden Tempel in Bagan. "Samsara ist eine filmische Meditation, die ohne Dialog oder Kommentar auskommt", sagt der Regisseur über seinen Film. "Allein die Kraft der Aufnahmen genügt, kombiniert mit dem betörenden Soundtrack von Michael Stearns, Lisa Gerrard und Marcello De Francisci, um den Zuschauer auf eine faszinierende und unvergeßliche Reise rund um den Erdball zu schicken. Geburt und Tod, Tradition und Moderne, Glaube und Hoffnung, Kampf und Vergebung." Das volle Programm also.
"Als ich ein Kind war, waren Lichtspielhäuser für mich wie Tempel", sagt Ron Fricke. "Filme auf Breitwandformat anzusehen, war ein richtiges Erlebnis. Ich hatte keine Ahnung, wie es funktionierte, aber ich war unglaublich fasziniert davon. Sie machten mir klar, daß die Zuschauer im Dunkeln sitzen und ihre Sinne alle angespannt sind - und ihre Möglichkeit, sich gegen etwas zu wehren, in solchen Momenten sehr gering ist. Kurzum, es ist der beste Augenblick, um die Menschen mit einer Botschaft auch wirklich zu erreichen. Mir passierte das zum ersten Mal, als ich 2001: A Space Odyssey sah. Ich hatte damals gerade am College angefangen und bekam die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Ich dachte, ich würde sie niemals wieder vergessen. Besonders gefiel mir der Gedanke, daß man auf einer großen Leinwand so etwas Großartiges auch ganz ohne Worte zeigen konnte. Das hat mich nicht mehr losgelassen."
Wenn Sie die "Story" irgendwie an Regisseur Godfrey Reggios Film "Koyaanisqatsi" aus dem Jahr 1982 erinnert, dann haben Sie nicht ganz unrecht. Bei diesem mit Musik von Philip Glass unterlegten Streifen stand Ron Fricke hinter der Kamera. Er benutzte Zeitraffer, Zeitlupe und verschiedene optische Phasenlagen, um bekannte Bilder aus einer neuen Perspektive zu zeigen. "Koyaanisqatsi" gewann mehrere Preise, darunter 1983 einen Filmex Audience Award.
Während der Dreharbeiten entdeckte Fricke seine Leidenschaft für das 70-mm-Format. "Mit Koyaanisqatsi habe ich zum ersten Mal umgesetzt, was mich seit meiner Jugend beschäftigt hatte", sagt er. "Seitdem habe ich mich mit dieser Art von geführter Meditation auseinandergesetzt, sowohl mit religiöser als auch mit spiritueller. Manche Leute halten das für ein reines Schwelgen in Schauwerten. Ich bin allerdings der Ansicht, daß ein solcher Film, wenn er umsichtig genug umgesetzt ist, eine sehr bewegende Erfahrung werden kann und überhaupt nicht sentimental oder herablassend erscheinen muß." "Samsara" wurde innerhalb von fünf Jahren in 25 Ländern komplett auf 70-mm-Material gedreht und mit einer speziell für dieses Projekt entworfenen Motion-Control-Zeitraffer-Kamera gefilmt. Besagte Kamera ermöglicht Perspektivenwechsel, um einen außergewöhnlichen Blick auf ganz gewöhnliche Szenen zu offenbaren. Die Bilder wurden dann gescannt und in ein 4K-Projektionssystem eingespielt.
"Wenn ich an einer neuen Location ankomme, bin ich mir schnell sicher, wo ich die Kamera aufstellen muß, um eine besonders eindrucksvolle Aufnahme zu erzielen", sagt Ron Fricke. "Ich bin gar nicht sonderlich interessiert daran, den Ort genau abzufilmen und eine Dokumentation darüber anzufertigen. Ich will eigentlich nur die Essenz des Ortes einfangen, weil ich weiß, daß er später in einem Zusammenhang mit vielen anderen Drehorten stehen wird. Aber an Ort und Stelle geht es erst einmal nur um das eine, prägnante Bild, die reine Photographie. Wenn man sich an einem Drehort nicht auf eine einzige Sache konzentriert, wird man blind vor Eindrücken - und dann entstehen zwar viele Aufnahmen, aber alle sind langweilig und ohne Aussagekraft."
"Samsara" ist nach "Baraka" aus dem Jahr 1992 Regisseur Ron Frickes zweite Dokumentationsarbeit. Auch der Vorgänger ist eine Doku ohne Hintergrundsprecher. "Man kann nicht rausgehen und wiederholen, was man im letzten Film gemacht hat", sagt Fricke über die Unterschiede zwischen den beiden Streifen. "Es ist eine Herausforderung, immer wieder Orte zu finden, die visuell reizvoll genug sind. Die Leute sind heute sehr anspruchsvoll, was die Optik angeht. Im Internet-Zeitalter sind dank YouTube und ähnlichen Dingen die tollsten Amateuraufnahmen für jeden verfügbar. Dagegen muß man mit einem nonverbalen Film erst einmal ankommen. Man muß also Material haben, das mindestens dieses Niveau besitzt. Meistens sagt einem das Bauchgefühl schon genau, was für die Leinwand geeignet sein wird und was nicht. Wir Filmemacher sind schließlich auch nur Kinder unserer Zeit. Deswegen war für Samsara wesentlich mehr Material nötig, wir haben mehr Drehorte besucht und mit deutlich mehr Schnitten gearbeitet als in Baraka 20 Jahre zuvor. Das hat vor allem mit der eigenen Aufmerksamkeitsspanne zu tun. Wenn man genug von einer Sache gesehen hat, möchte an die nächste zeigen."
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