Kino_The Ghostwiter

Die Geister, die er rief

Während Roman Polanski in der Schweiz unter Hausarrest steht, präsentierte die Berlinale seinen neuesten Film. Der Regisseur von Klassikern wie "Chinatown", "Rosemaries Baby" und "Ekel" meldet sich mit solider Thriller-Kost frei nach Robert Harris zurück.    22.02.2010

Als Tony Blair noch Premierminister von Great Britain war, konnten sich die USA auf einen gehorsamen Bündnispartner in Europa verlassen. Begeistert führte Blair das Vereinigte Königreich an der Seite des minderbemittelten texanischen Kreuzzüglers in den Irakkrieg - was ihm verdienten Spott als George W.s Schoßhündchen eintrug: "Good Puppy", wie es in einem damals aktuellen Musikvideo hieß.

 

Die Grundlage für Roman Polanskis 18. Spielfilm bildet der Roman "Ghost" aus dem Jahr 2007; eine Art Abrechnung des britischen Autors Robert Harris mit Blair und dessen Amtszeit. Blairs alter ego im Film ist der aus dem Amt geschiedene britische Premierminister Adam Lang (Pierce Brosnan). Die Geschichte setzt ein, als Langs Ghostwriter - eben dabei, die Memoiren seines Auftraggebers zu verfassen - unter mysteriösen Umständen ertrinkt. Da es nur noch vier Wochen bis zur Veröffentlichung sind, wird rasch ein Ersatzmann engagiert: Ewan McGregor ist "The Ghost", der dem im Grunde bereits fertigen Manuskript einen letzten Feinschliff verpassen soll.

Da gerät Lang mitten in einen Politskandal: im "Kampf gegen den Terrorismus" hat er seinerzeit vier britische Staatsbürger an die Amerikaner ausgeliefert - eine Aktion, für die er sich nun vor dem internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verantworten soll.

Als der Ghostwriter auf die Recherchen seines Vorgängers stößt, wird er unwissentlich zur Figur in einem tödlichen Spiel. Dabei geht nicht um Langs Schuld oder Unschuld, sondern darum, wer die Fäden zieht, und was damit bezweckt wird.

 

Polanski ist nicht nur wegen seiner 76 Lebensjahre ein Regisseur der alten Schule. In Zeiten, in denen James Bond vom Gentleman-Agenten zum britischen Jason Bourne mutieren muß, kommt "Der Ghostwriter" erstaunlich schnörkellos daher, ohne trickreiche Wendungen oder sonstige Effekthascherei.

Daß Lang Dreck am Stecken hat, wird von Anfang an nicht ernsthaft bezweifelt. Es geht vielmehr um den Ghostwriter und seinen Vorgänger - wofür mußte dieser sterben?

Das Finale wird letztlich wenig spektakulär umgesetzt. Daß der Film dennoch über zwei Stunden lang spannend bleibt - und zwar bis zum Schluß -, ist nicht nur Harris' Vorlage zu verdanken, sondern vor allem auch der Regie.

In visueller Hinsicht erinnert das Setting ein wenig an "Der Tod und das Mädchen" von 1995, der Spannungsaufbau wiederum gemahnt an das 1976er Werk "Der Mieter"; so stören nicht einmal die am Ende offenbleibenden Fragen besonders.

Nach dem etwas langweiligen "Oliver Twist" hat sich Roman Polanski nun also mit einem fulminanten Thriller zurückgemeldet.

 Daß der Oscarpreisträger wegen eines jahrzehntealten US-Haftbefehles der Premiere nicht beiwohnen konnte, paßt in gewisser Weise zu seinem unglaublichen - und oft tragischen - Lebenslauf. Wie immer das Verfahren gegen ihn ausgehen mag: der Film jedenfalls dürfte ein verdienter Erfolg werden.

Florian Lieb

Der Ghostwriter

ØØØØ

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F/D/UK 2010

128 Minuten

Regie: Roman Polanski

Darsteller: Ewan McGregor, Olivia Williams, Pierce Brosnan u. a.

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