Kino_Mission: Impossible - Phantom Protokoll

Nach der Mission ist vor der Mission

Alle Jahre wieder kommt Tom Cruise mit seinem "Baby", der "Mission: Impossible"-Reihe, daher, um mit Referenz-Action-Szenen die Herzen des Publikums zu gewinnen. Wer nach den müden Aufgüssen von John Woo und J.J. Abrams schon die Hoffnung aufgegeben hatte, den macht Brad Birds Eintrag in die Agentenserie nun wieder munter.    19.12.2011

Außenstehende mag die Auswahl an Regisseuren für die jüngsten beiden "Mission Impossible"-Filme verwundern. Zuerst ließ man Serienschöpfer J. J. Abrams ein Multi-Millionen-Dollar-Budget für seinen Debütfilm, und nun wird Pixar-Regisseur Brad Bird, Oscarpreisträger für "Die Unglaublichen" und "Ratatouille", dieselbe Ehre zuteil.

Zeigte sich Cruise vor fünf Jahren von Abrams' Agenten-Serie "Alias" beeindruckt, war es bei Bird dessen animierter Superhelden-Spaß "Die Unglaublichen", der von vielen Seiten für seine Anklänge an frühe "Bond"-Filme gelobt wurde. Wie es scheint, die richtige Entscheidung, lenkt Bird doch "Mission: Impossible" mit "Phantom Protokoll" in neue Bahnen.

 

Zu Beginn geht es erst einmal darum, Ethan Hunt (Tom Cruise) aus einem Moskauer Gefängnis zu befreien. Wie sich herausstellt, entsorgte ihn die Impossible Mission Force (IMF) dort im Zuge einer Strafmaßnahme. Weil jedoch einige russische Abschußcodes für Nuklearwaffen entwendet wurden, ist Hunts Rückkehr wieder erwünscht.

Mit seinen Kollegen Benji Dunn (Simon Pegg) und Jane Carter (Paula Patton) soll er in den Kreml einbrechen. Vor Ort zeigt sich jedoch, daß das IMF-Team zu spät kommt. Der größenwahnsinnige Terrorist Kurt Hendricks (Michael Nyqvist) ist schon da und zündet eine Bombe - was dann der IMF angelastet wird.

 

Es folgt die Auslösung des "Phantom Protokolls", gleichbedeutend mit der Suspendierung der gesamten IMF. Hunt gilt als Attentäter, wird von seinem Vorgesetzten jedoch unter der Bedingung freigelassen, Hendricks daran zu hindern, einen Nuklearkrieg zu provozieren. Unerwartete Hilfe erhält er dabei vom Chefanalysten Brandt (Jeremy Renner).

Auf sich allein gestellt und ohne (technische) Unterstützung von IMF treibt die Mission Hunts Team anschließend nach Dubai. Hier gilt es, einen Deal zwischen Hendricks und der Auftragskillerin Moreau (Léa Seydoux), die im Besitz der Codes ist, zu verhindern. Delikat wird die Angelegenheit, weil Carter noch ein Hühnchen mit Moreau zu rupfen hat.

 

Wie es sich für "Mission: Impossible" gehört, findet der besagte Deal nicht irgendwo statt, sondern im Burj Khalifa - dem höchsten Gebäude der Welt. Bird nutzt den Wolkenkratzer für eine spektakuläre Action-Szene, in welcher der Stunt-affine Cruise an der Außenfassade mehrere Stockwerke des 828-Meter-Gebäudes rauf- und runterklettern muß.

Die Dubai-Sequenz kann außerdem auch stellvertretend für die besonderen Merkmale des vierten Films gesehen werden. Zum einen zeigt sie, daß im Gegensatz zu den früheren Teilen nichts so funktioniert wie geplant. Zum anderen handelt es sich nicht mehr um eine reine Tom-Cruise-Show, sondern um Teamwork.

 

Sowohl die zur Tradition verkommenen Masken (auf die sich besonders Benji unentwegt freut) als auch anderes Equipment des IMF-Teams versagen zur rechten Zeit. Infolgedessen sind Improvisation und Spontaneität gefragt, zugleich wird dadurch die Spannung intensiviert und manches altbekannte Muster aufgebrochen.

Natürlich resultieren viele Probleme hierbei auch aus der Zusammenstellung des Teams. Benji ist ein relativ unerfahrener Ersatz für Luther Stickell (Ving Rhames), Brandt ein skeptischer Analyst, Carter von persönlichen Gefühlen beeinflußt - und Hunt schlichtweg nicht mehr der Jüngste.

 

Aber wo ein Jonathan Rhys-Meyers und eine Maggie Q im Vorgänger nur herumstehen und gut aussehen durften, wird das Team in "Phantom Protokoll" endlich einmal eingebunden. Egal ob Benji, Jane oder Brandt, sie leisten ebenso ihren Beitrag zur Missionerfüllung - auch wenn dies bei ihnen weniger spektakulär ausfällt als bei der Figur von Cruise.

Dennoch sind sowohl die Betonung des Team-Charakters als auch die Hindernisse während der Mission ein erfrischender, neuer Aspekt in der Serie. So endet eine von Hunts imposanten Action-Szenen damit, daß er über mehrere Meter in einen Raum springen will, sich jedoch verkalkuliert, den Kopf anschlägt und beinahe stirbt. Zwei Filme zuvor wäre das undenkbar gewesen.

 

Bei so viel Lob sollten jedoch auch die negativen Elemente des Films nicht vergessen werden. Er ist mit 132 Minuten der bisher längste der Reihe, was man ihm auch subjektiv anmerkt. Speziell die Exposition, die den gesamten ersten Akt einnimmt, gerät zu lang, und der Epilog wäre ebenfalls verzichtbar gewesen.

Die Schlußszene wiederum hängt mit der seit dem dritten Teil anwesenden und irgendwie nicht zum Metier passen wollenden Emotionalität zusammen, die durch die Integration von Renners Figur erneut die "Mission: Impossible"-Welt betritt. So beschwört der Film völlig unnötig Drama herauf, indem er versucht, eine Brücke zum Vorgänger zu schlagen.

 

Das erste Drittel gerät somit zu lang, das Finale wiederum scheitert daran, daß es an die grandiose Dubai-Sequenz anknüpfen muß und somit zum Scheitern verurteilt scheint. Hinzu kommt dann das ewige aus Agentenfilmen bekannte Problem des eindimensionalen, profillosen und somit völlig uninteressanten bösen Gegenspielers.

Hendricks glaubt an Weltfrieden durch einen nuklearen Krieg, ist eigentlich ein Professor, zugleich aber auch Ex-Militäroffizier. Das soll wohl erklären, warum sich ein dicklicher, skandinavischer Gelehrter im Finale im Nahkampf gegen Hunt behauptet. Letztlich ist die Figur allerdings ebensowenig überzeugend ausgefallen wie Jim Phelps, Sean Ambrose und Owen Davian vor ihr.

 

Nichtsdestotrotz bleibt ein positiver Eindruck zurück, fällt "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" doch zweifelsohne überzeugender aus als die Teile 2 und 3. Hier wurde die Handlung nicht um Action-Szenen herum konzipiert und verfolgt auch keinen bloßen MacGuffin, um die Liebe als Motiv zu entschuldigen.

Bird verleiht der vierten Mission ein klares Ziel, eine Struktur und einige positive neue Eigenschaften. Daß er dabei am Ende vielleicht ein wenig zu viel wollte und einige Schönheitsfehler produziert hat, kann man entschuldigen. Und sowieso gilt im Falle von "Mission: Impossible" schließlich: Nach der Mission ist vor der Mission. 

 

         

 

Florian Lieb

Mission: Impossible - Phantom Protokoll

ØØØ 1/2

Mission: Impossible - Ghost Protocol

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2011

132 Min.

 

Regie: Brad Bird

Darsteller: Tom Cruise, Jeremy Renner, Paula Patton, Simon Pegg u.a.

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