Kino_Max Payne

No Payne no gain

Action-Star Mark Wahlberg sucht in der Umsetzung des populären Computerspiels nach den Mördern seiner Frau und Tochter. Visuell schwelgt der Film in den Sphären eines Neo-Film-noir - worüber er leider seine Story vergißt.    19.11.2008

Schon lange haben Videospiel-Umsetzungen neben Romanverfilmungen ihren festen Platz in der Adaptionsmaschinerie Hollywoods. Die zumeist Action-lastigen Resultate konnten in ihrer Mehrzahl aber selbst eingefleischte Fans der jeweiligen Vorlage bislang nicht überzeugen. Vielleicht läßt sich die Lücke zwischen einem interaktiven und einem passiven Medium auch nur unter Inkaufnahme größerer Kollateralschäden schließen, was dann jedoch der Qualität nur wenig zuträglich ist. Mit der psychedelischen Film-noir-Fantasie "Max Payne", soviel sei an dieser Stelle bereits verraten, dürfte sich an dieser nüchternen Bestandsaufnahme kaum etwas ändern.

Der Film basiert auf dem gleichnamigen Third-Person-Shooter aus dem Jahr 2001. Der Titelheld, dargestellt von Mark Wahlberg in einer Steven-Seagal-Gedächtnisrolle, versucht darin die Mörder seiner Frau und Tochter zu ermitteln. Als Detective der New Yorker Polizei arbeitet er an sogenannten "Cold Case Files" - Fällen, die ungeklärt zu den Akten gelegt wurden. Im Verlauf seiner Nachforschungen geht er immer wieder neuen Hinweisen nach, aber bislang ohne Erfolg. Kein Wunder, daß Max frustriert ist. Für ihn gibt es bald nur noch einen Gedanken, ein Ziel: Er will die Mörder seiner Familie ausfindig machen und ihrer gerechten Strafe zuführen.

Auf der Party eines Bekannten lernt Max die geheimnisvolle Natasha (Bond-Girl Olga Kurylenko) kennen. Es scheint, als könne sie ihm bei seiner Recherche behilflich sein. Doch ehe es soweit kommt, wird Natasha ermordet aufgefunden. Daß ausgerechnet Maxs Brieftasche am Tatort sichergestellt wird, läßt aus ihm plötzlich einen Verdächtigen werden, der sich mit einem internen Ermittler (Rapper Ludacris) und einer Vielzahl neuer Probleme herumschlagen muß. In dieser mißlichen Lage kann er sich auf nur noch wenige Menschen verlassen. Einer von ihnen ist BB (Beau Bridges), ein früherer Geschäftspartner und Freund seines Vaters. Unerwartete Schützenhilfe - im wahrsten Sinn des Wortes - erhält Max auch von Mona Sax (Mila Kunis), Natashas Schwester. Es scheint, als seien beide Verbrechen von demselben Täter verübt worden.

 

Von da an nimmt die Geschichte manch bizarre Wendung. Ausflüge in die nordische Mythologie, in der furchteinflößende Dämonen und engelsgleiche Kreaturen um die Seelen der Toten kämpfen, gehören ebenso wie eine bis in höchste Regierungskreise reichende Verschwörung und eine ursprünglich fürs Militär entwickelte Designer-Droge zu den Zutaten des an sich schlichten Action-Thrillers. Regisseur John Moore, der mit dem Remake des Horror-Klassikers "Das Omen" immerhin ein halbwegs passables Stück Genrekino inszeniert hat, ist augenscheinlich ein Fan düsterer Welten. So lebensfeindlich, kalt und bedrohlich wie in "Max Payne" sah man den Big Apple schon lange nicht mehr auf der großen Leinwand. Der scheinbar obligatorische Dauerniederschlag übertrifft selbst David Finchers Schlechtwetter-Glanzstück "Sieben".

In seiner Optik orientiert sich der Film wie schon das Computerspiel erkennbar an den Vertretern des Film noir. Schummriges Licht, stilisierte Schattenspiele, starke Kontraste und matte Farben rücken "Max Payne" in die Nähe der schwarzen Serie. Aber auch die Einflüsse moderner Comic-Verfilmungen wie "The Crow", "Sin City" und "The Punisher", die sich ebenfalls auf Noir-Werke beziehen, sind in beinahe jeder Einstellung evident. Die Symbiose zwischen Computerspiel und Kinofilm findet in der sogenannten "Bullet Time" schließlich ihr stärkstes Argument. Die mit der "Matrix"-Trilogie populär gewordene und seitdem in zahlreichen Filmen eingesetzte Trickaufnahme, in der die Kamera ein bewegliches Objekt in extremer Zeitlupe umkreist, war bereits ein integraler Bestandteil der Vorlage. Von Moore wird der Spezialeffekt nun auch im Film ausgiebig zitiert. Selbst wenn der große Aha-Effekt dieses Mal ausbleibt, macht das Ergebnis immer noch einiges her.

Daß die Umsetzung mit Schauwerten geizen würde, kann man folglich nicht behaupten. Gerade die drogenbedingten Halluzinationen mit ihren apokalyptischen Einsprengseln sehen richtig chic aus. "Max Payne" ist eben durch und durch ein typischer Vertreter des "Style over Substance"-Prinzips. Inhaltlich herrscht dagegen eine erschreckende Ödnis. Zwar bemüht sich Drehbuchautor Beau Thorne um trickreiche Finten, selbst diese können allerdings nicht kaschieren, wie wacklig und wenig tragfähig das Story-Gerüst im Grunde genommen ist. Und so geht dem wahllos zusammengewürfelten Mix aus persönlicher Rache, verletzter Polizistenehre und wenig subtiler "War on Terror"-Kritik am Ende unter lautem Getöse die Luft aus.

Marcus Wessel

Max Payne

ØØ 1/2

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2008

100 Min.

Regie. John Moore

Darsteller: Mark Wahlberg, Beau Bridges, Mila Kunis u. a.

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