Hangover
ØØØØ
(The Hangover)
USA 2009
100 Min.
Regie: Todd Phillips
Darsteller: Bradley Cooper, Ed Helms, Zach Galifianakis u. a.
Wer zuletzt die öde Beziehungskomödie "Love Vegas" durchlitten hat, mag kaum glauben, daß ein Filmriß in der Glücksspielmetropole auch eine ungemein unterhaltsame Sache ergeben kann. Hier werden selbst hartgesottene Skeptiker eines Besseren belehrt. 20.07.2009
Wenn Blockbuster mit derart überzogenen Werbeetats, daß Woody Allen gleich ein Dutzend Filme davon drehen könnte, mehrere Hundert Millionen Dollar einspielen, dann ist das keine Überraschung. Eher verbirgt sich dahinter nacktes betriebswirtschaftliches Kalkül. Natürlich sind auch Großproduktionen nicht vor enttäuschenden Box-Office-Ergebnissen gefeit - "Land of the Lost" war offenkundig so mies, daß nicht einmal Will Ferrell das Desaster verhindern konnte -, meist läßt sich jedoch mit geschicktem Marketing zumindest Schadensbegrenzung betreiben. Umso mehr freut es einen, wenn der umgekehrte Fall eintritt und sich ein eher kleiner, unscheinbarer Film zum Sleeper-Hit der Saison entwickelt.
"Hangover" ist genau das gelungen. Ohne wirkliche Star-Power (Sorry, Bradley Cooper!) hat die turbulente Komödie seit ihrem Start allein in den USA inzwischen mehr als 200 Millionen Dollar eingespielt hat, also das Sechsfache ihrer Produktionskosten. Daß Regisseur Todd Philipps bereits den durchgeknallten "Road Trip" und den Will-Ferrell-Spaß "Old School" zu verantworten hatte, kann den überragenden Erfolg seines jüngsten Coups nicht wirklich erklären. Vermutlich ist die Antwort ganz simpel: "Hangover" ist einfach verdammt komisch. Und wenn das erst einmal die Runde macht, angeschoben von einem ebenfalls verheißungsvollen Trailer, dann stürmen die Leute ins Kino und lassen alberne Klamotten wie Jack Blacks "Year One" (zu Recht) links liegen.
Eigentlich beginnt die Geschichte wenig spektakulär und exakt so, wie man es von einem Film, der vier Freunde bei ihrem gemeinsamen Trip nach Vegas begleitet, auch erwarten durfte. Während die zukünftige Gattin ihren Doug (Justin Bartha) noch ermahnt, es mit dem Feiern nicht zu übertreiben, schmieden seine Kumpels schon ganz andere Pläne. Phil (Bradley Cooper) hat die Organisation von Dougs letztem Wochenende in Freiheit übernommen. Residiert wird - standesgemäß - in einer Luxus-Suite des Caesars Palace. Mit dabei sind auch noch Zahnarzt Stu (Ed Helms), der seiner Herzensdame vorspielt, man sei ins beschauliche Napa Valley gefahren, um an einer Weinprobe teilzunehmen, sowie Dougs zukünftiger Schwager Alan (Zach Galifianakis). Letzterer ist nicht nur eine tickende Zeitbombe - Zitat: "Eigentlich darf ich mich Schulen nur noch auf 60 Meter nähern!" -, sondern zugleich der ungekrönte Party-König des Quartetts.
Die Probleme beginnen, als Phil, Stu und Alan am Morgen nach der großen Sause mit dröhnenden Schädeln im komplett verwüsteten Hotelzimmer aufwachen. Von Doug, dem Bräutigam, fehlt jede Spur. Dafür begrüßt die Jungs im Badezimmer ein ausgewachsener Tiger. Doch damit nicht genug: Ein schreiendes Baby, dessen Herkunft sich ebenfalls niemand so recht erklären kann, will in dem ganzen Tohuwabohu ebenfalls noch umsorgt werden. Dumm nur, daß sich die drei an rein gar nichts mehr erinnern können.
Schöner Nebeneffekt des dreifachen Filmrisses: Nicht nur der Zuschauer, sondern auch Phil, Stu und Alan tappen vollkommen im Dunkeln, was die Ereignisse der letzten Nacht anbelangt. Und so mischt sich in die zahlreichen Lacher, die vor allem auf das Konto von Pantoffelheld Stu und Weirdo Alan gehen, eine gute Portion detektivischer Ehrgeiz. Nach und nach wird dabei zumindest in Umrissen ersichtlich, was die Jungs alles getrieben haben und wie der Tiger in ihr Badezimmer kam. Bevor sie allerdings Doug wiederfinden, müssen sie sich erst mit einem extrovertierten nackten Chinesen, Taser-geilen Cops und einer lebenden Legende herumschlagen - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Natürlich zielen nicht wenige der Gags auf eher untere Körperregionen (feinsinnige Ironie sollte man hier lieber nicht erwarten); dennoch kommt "Hangover" weitgehend ohne den inzwischen totgefilmten Fäkalhumor pubertärer Teenie-Komödien aus. Phillips und seine beiden Autoren Jon Lucas und Scott Moore setzen darüber hinaus voll auf den Mitfühlfaktor, der uns im Handumdrehen zu Komplizen und besten Freunden der Jungs macht.
Woran man das merkt? Als sich Mobbing-Opfer Stu endlich von seinem Hausdrachen emanzipiert und mit einer süßen, überaus scharfen Stripperin (Heather Graham) durchbrennt, möchte man ihm für diese Entscheidung spontan applaudieren. Überhaupt sind es eher die kleinen, charmanten Einfälle, die aus "Hangover" ein verdammt unterhaltsames Komödien-Highlight machen. Zu denen gehört neben manch trockenem Erfahrungsbericht ("What happens in Vegas, stays in Vegas. Except herpes. That shit will stay with you forever!") auch die Musik. Insbesondere an zwei Schlüsselstellen sorgen Auswahl und Interpretation der Songs (von Phil Collins und 50 Cent) für ungläubiges Staunen. Daß einem schließlich Dan Finnerty als exaltierter Hochzeitssänger über den Weg läuft, ist in diesem Zusammenhang nur konsequent. Dessen Auftritt scheint sich ohnehin längst als das heimliche Erkennungszeichen eines Todd-Phillips-Films etabliert zu haben. Für die bereits in Planung befindliche Fortsetzung dürfte auch er fest gebucht sein.
Hangover
ØØØØ
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Kommentare_
Wirklich die beste Komödie des Jahres - endlich wieder ein Kultfilm, der den Namen auch verdient. (Mehr im Podcast: http://schoener-denken.de/blog/index.php/the-hangover-best-comedy-so-far/)