Gegen die Wand
ØØØØ 1/2
D/Türkei 2004
123 Min.
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Birol Ünel, Sibel Kekilli, Catrin Striebeck u. a.
Leben, Lachen, Weinen: Fatih Akins furioses neues Werk, der diesjährige Berlinale-Siegerfilm rund um die konfliktgeladene Scheinehe zweier gescheiterter Selbstmörder. 01.04.2004
Erneut muß hier Peter Krobath zitiert werden: "Ein Film mit einer Kraft, wie sie seit Martin Scorseses 'Mean Streets' nicht mehr zu spüren war", meint er in der aktuellen Ausgabe von SKIP. Und wer "Gegen die Wand", den Siegerfilm der diesjährigen Berlinale, dann gesehen hat, wird den Vergleich deswegen zwar nicht weniger gewagt, aber auch nicht weniger passend finden. Dem türkischstämmigen Regisseur Fatih Akin ("Kurz und schmerzlos") ist gelungen, woran (bis auf wenige löbliche Ausnahmen wie Schmid, Karmakar und Tykwer) das zeitgenössische deutsche Kino derzeit krankt: ein Film, der nicht bloß nationale, nein auch internationale Dringlichkeit und Relevanz ausstrahlt.
Akin zeichnet die Geschichte einer Amor fou, den Verlauf einer Scheinehe zwischen dem alkoholkranken, lebenswunden Cahit (Birol Ünel) und der ihrem traditionsbewußten Elternhaus entfliehen wollenden, leichtlebigen Sibel (Sibel Kekilli), die in einer Katastrophe endet, als unvermeidlicherweise die Liebe ins Spiel kommt. Dabei berichtet er aber auch über die Geschichte zweier unentwegt am Abgrund lebender Grenzcharaktere und eines zutiefst selbstzerstörerischen Lebens ohne Netz, doppelten Boden oder sonstige Sicherheiten.
Gestützt von einem wahrhaftig überzeugenden und überzeugend wahrhaftigen Darstellerpaar (an der unseligen Scheindebatte über eine Pornovergangenheit Kekillis sollen sich derweil die Boulevard-Schmierfinken gütlich tun), entspannt sich Akins waghalsige und verwegene Konstruktion des Filmes über die Jahre, Schauplätze und dramatischen Handlungswendungen hinweg zu einem schmerzhaften und bitterschönen Finale. Dabei ist "Gegen die Wand" auch nicht bloß eine Studie über das Selbstverständnis von Türken der zweiten und dritten Generation in Deutschland, wie vielfach vermeldet (obwohl: natürlich auch), doch die zugrundeliegende Story von der Unmöglichkeit des richtigen Lebens im Falschen könnte universaler dennoch kaum sein. Und früher oder später fährt man unweigerlich gegen die Wand. So oder so.
Gegen die Wand
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