Video_World War Z

Den letzten beißen die Zombies

Noch ein Zombie-Film. Diesmal einer für 190.000.000 US-Dollar. Das Ergebnis ist keine Katastrophe, sondern der schönste Zombie-Film seit Jahren. Deutlich besser als erwartet, lädt "World War Z" sogar Zombiefilmhasser ins Genre ein.    20.12.2013

Irgendwann mal war Gerry Lane (Brad Pitt) bei der UN angestellt, um in Krisengebieten Probleme zu lösen. Heute kümmert sich der Familienvater um seine Kinder. Als jedoch in kürzester Zeit eine Epidemie ausbricht, die Menschen in sabbernde Zombies verwandelt, wollen ihn die United Nations wiederhaben. Als krisenfester Globetrotter soll er einem Forscher bei der Suche nach dem Ursprung des Erregers helfen. Leider erschießt sich der Wissenschaftler versehentlich, und Gerry muß sich selbst auf die Suche machen - in einer Welt, die vor seinen (und unseren) Augen in Chaos versinkt.

Der Rezensent hat wenig erwartet, aber viel bekommen. Der Star in diesem High-Budget-Zombiefilm ist nämlich der Weltuntergang. Nie hat man - und das ab den ersten Minuten - beeindruckender gesehen, wie infizierte Tollwütige und das von ihnen verursachte Chaos die Ordnung der Welt in Schutt und Asche legen. Selbst im Vergleich zu "28 Days Later"/"28 Weeks Later", die in Sachen Hetz-Faktor nach wie vor unübertroffen sind, schneidet "World War Z" überraschend apokalyptisch ab, denn hier rennen die Zombies nicht nur, sie treten auch derart massenhaft auf, wie man es nie zuvor gesehen hat. Das gibt vielen Szenen eine realistische und einzigartige Panikstimmung, zumal diese auch noch perfektionistisch und mit viel Sinn für Ästhetik inszeniert wurden.

So ist "World War Z" sicher der schönste Zombiefilm seit langem. Perfekt ist er deswegen leider nicht. Nicht nur ist alles etwas zu clean und zu distanziert photographiert, nein, auch mit den Darstellern wird sicher nicht jeder warm - und das liegt nicht an Brad Pitt. Zur quietschenden Sauberkeit paßt auch, daß dies wahrscheinlich der erste Zombiefilm ist, der ohne Blut und Beuschel auskommt. Vielleicht, weil man aufs PG-13-Rating zielte, vielleicht aber auch mit Absicht: Die blutigste und durchaus ebenso schockierende wie ergreifende Szene hat beispielsweise nichts mit Zombies zu tun.

Hinzu kommt, daß es dem stellenweise bizarr unlogischen Drehbuch an Konstruktionswillen mangelt. Zwar passiert dauernd was, aber eigentlich baut nichts auf einander auf (was man bei all der Action allerdings kaum merkt). Störender ist da schon das hingepappte Finale, das wir irgendwelchen Wir-wollen-ein-Happy-End-Produzenten verdanken dürften. Skeptiker sollten sich also von diesem Zombiefilm überraschen lassen, auch wenn er rein gar nichts mit der Buchvorlage zu tun hat. Eher als Katatrophenfilm angelegt, ist er deutlich besser als sein Ruf. Sein größter Fehler ist nur, daß es über die allgemeine Perfektion und die wirklich beeindruckenden Massenszenen hinaus wenig gibt, was er dem Genre der Zombie-Filme hinzufügt und wofür er in Erinnerung bleiben könnte.

Keine Underground-Perle also, aber in einigen Jahren wird man ihn vielleicht als eine Art Klassiker betrachten, den auch jene Zuschauer mögen, denen Action und Drama wichtiger sind als spritzende Innereien.

Andreas Winterer

World War Z

ØØØØ

Leserbewertung: (bewerten)

Paramount (USA 2013)

DVD (Kinofassung)/Blu-ray (Extended Version)
111 Min./123 Min. + Featurettes
Regie: Marc Forster
Darsteller: Brad Pitt, Daniella Kertesz, Mireille Enos u. a.

Links:

Zombies im EVOLVER

Blast from the Past


Wenn sich Andreas Winterer mit Brad Pitt & Co. ins Getümmel stürzt, ist es höchste Zeit, Ihnen einen Überlick über unsere bisherigen Veröffentlichungen zum Thema "Living Dead" zu bieten. Beißen Sie sich rein!

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Kommentare_

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