Video_Dredd
Böse Ma-Ma
Die schlecht gelaunte Kinnlade Judge Dredd und seine telepathische Auszubildende wollen der Drogen-Königin Ma-Ma das Handwerk legen - doch leider wohnt die im Hochhaus ganz oben. Und der Aufzug ist kaputt.
15.04.2013
In der strahlenverseuchten Wüste der USA liegt Mega-City One, eine Metropole mit 800 Millionen Menschen, die meisten arbeitslos. Chaos und Gewalt regieren die Stadt; nur die Judges sorgen als Polizist und Richter in Personalunion für etwas Recht und Ordnung, können aber nur wenige Prozent der begangenen Verbrechen bearbeiten.
Schlimmer noch: Judge Dredd (Karl Urban) muß heute die Rekrutin Cassandra Anderson auf ihre Eignung für den Polizeidienst prüfen. Leider sucht die sich dazu den falschen Fall aus: Drei Tote einer Gang-Hinrichtung bringen die Judges auf die Spur der Ex-Prostituierten Ma-Ma, die sich mit skrupelloser Gewalt zur Herrin des Mega-Towers Peach Trees emporgearbeitet hat. Sie läßt das ganze Hochhaus abriegeln und erklärt den beiden Cops den Krieg.
Vielen ist die Comic-Verfilmung "Judge Dredd" von 1995 verhaßt. Der Rezensent mag sie für das, was sie ist: Action im Stil der End-Achtziger mit hohem Trash-Faktor, blöden One-linern und dumpfem Radau. Der "Dredd" von 2012 ist ganz anders: realistisch im Look, wie das eben seit Batman leider hip ist; durchgehend auf das Notwendigste reduziert, was dem Film durchaus bekommt; und düster, gewalttätig sowie ziemlich blutig ist er auch, entsprechend der Comic-Vorlage.
Wie ein Uhrwerk läßt der Film den gesichts- und geschichtslosen Dredd in seinem Kampfpanzer als Symbol des Gesetzes gegen die vernarbt-tätowierte, geradezu verletzlich dargestellte und mit einer Geschichte versehene Ma-Ma antreten, die ihrerseits das individuelle und absolute Böse verkörpert. Platter war da nur "Star Wars".
Auch der Film insgesamt ist nur halb so spannend wie erhofft. Die Action erschöpft sich nämlich in repetitiven Ballereien - alles, was interessant sein könnte (die Droge, Dredds Telepathen-Sidekick, Ma-Mas leidender Hacker-SKlave, der Wohntower mit 96 Prozent Arbeitslosigkeit) bleibt bestenfalls skizziert. Unverletzbar stapft Dredd weiter, bis er im Mega-Hochhaus oben ankommt und der Film wie erwartet endet. Stellenweise will "Dredd" spürbar zynisch sein, wirkt dann aber vor allem reaktionär und so humorarm wie ein gebrauchtes Pflaster. Das ist bitter, weil beispielsweise die Gang-Chefin Ma-Ma (großartig hingeschlunzt von Lena Headey, der fies-schönen Königin Lannister aus "Game of Thrones") und ihr Hacker-Sklave durchaus interessante Figuren abgegeben hätten. Doch der Regisseur sieht in ihnen nicht mehr als Plot-Devices, und auch die interessante Droge "Slo-Mo" dient nur dazu, ein paar hübsche Videoclip-Einstellungen zu begründen.
Das Ergebnis befriedigt Fans von Action, Blut und Beuschel. Auch moderne Cineasten finden sicher was, denn in etlichen Details zeigt sich, daß Dredd eigentlich kein dummer Film sein will. Aber so richtig schlau kommt einem der Streifen eben auch nicht vor. Im Rückblick wirkt der "Judge Dredd" der 90er Jahre plötzlich witzig, vielfältig und klug - und man sehnt sich irgendwie nach einem weiteren Remake des Stoffes durch den frühen Paul Verhoeven.
Andreas Winterer
Kommentare_
lustig, dass bei uns ab 18 freigegeben, bei den franzosen uncut ab 12.