Video_The Walking Dead
Lebst du noch oder stirbst du schon?
Vampire. Zombies. Comicverfilmungen. Und jetzt auch noch Zombie-Comicverfilmungen. Das einst kreative Hollywood ist inzwischen selbst zum wandelnden Untoten verkommen, der sich an den Ideen der Umstehenden labt. Nächstes Opfer: "The Walking Dead".
17.03.2011
Als Normalsterblicher fühlt man sich in der Unterhaltungslandschaft immer mehr verfolgt; finden sich doch inzwischen überall Vampire, die demnächst auch noch vom US-Präsidenten höchstpersönlich gejagt werden müssen ("Abraham Lincoln: Vampire Hunter"), während es Jane Austens Elizabeth Bennet mit den lebenden Toten in "Pride and Prejucide and Zombies" aufnehmen soll.
Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis uns "Vampires vs. Zombies" erwartet. "Wenn nicht jetzt, wann dann?", dürfte sich daher wohl auch Hollywood-Regisseur Frank Darabont - der zuletzt mit dem ernstgemeinten Edel-Trash "Der Nebel" Aufmerksamkeit erregte - gedacht haben, als er im vergangen Jahr die Comicserie "The Walking Dead" fürs Fernsehen adaptierte.
Vor acht Jahren riefen Robert Kirkman, Tony Moore und Charlie Adlard jene Comicreihe um Überlebende des Z-Day ins Leben, und der Kabelsender AMC (verantwortlich etwa für "Breaking Bad" oder "Mad Men") nahm sich der Adaption an.
In einem "28 Days Later"-Szenario erwacht nun Kleinstadtsheriff Rick (Andrew Lincoln) aus dem Koma: in einer Welt mit mehr (wandelnden) Toten denn Lebenden. Auf der Suche nach Frau (Sarah Wayne Callies, "Prison Break") und Kind trifft er eine Handvoll Überlebender, ethnisch durchkatalogisiert; vom nerdigen Koreaner Glenn (Steven Yeun), über den Afroamerikaner T-Dog (IronE Singleton), bis hin zum Chicano Morales (Juan Pareja) und dem white trash-Redneck Daryl (Norman Reedus).
Als Mini-Staffel mit lediglich sechs Folgen gestartet, brachte "The Walking Dead" exzellente Quoten, weshalb es nunmehr in doppelter Länge ins zweite Jahr geht. In Anbetracht der Umstände ein durchaus beachtliches Ergebnis, zählten Zombie-Stories doch sonst eher zu einem Subgenre des Horrorfachs. Dementsprechend zitieren die Macher auch munter die großen Kollegen und bedienen somit auch die Seherwartungen des genrefremden Publikums.
So wirft die Pilotfolge "Days Gone By" Hauptprotagonist Rick als neue Identifikationsfigur in die Zombie-Apokalypse, nach dem Motto: Gemeinsam staunt es sich doch am Schönsten. Danny Boyle und Alex Garland wird’s gefreut haben.
Obschon die Charaktereinführung in "Days Gone By" stark konstruiert wirkt (Rick bleibt unangetastet in einem von Zombies heimgesuchten Krankenhaus und wacht rechtzeitig vor der Dehydration auf), stellt die Auftaktfolge einen stimmungsvollen Einstieg in diese veränderte Welt dar. Das Setdesign beeindruckt, die Maske der Untoten ebenso.
Ähnlich gelungen geht die Serie anschließend mit "Guts" weiter, wenn das Abtasten der popkulturellen Vorläufer bei "Dawn of the Dead" angelangt ist. Gemeinsam mit seinen Melting Pot-Gefährten sitzt Rick in dem von Zombies bevölkerten Atlanta auf einem Gebäudedach fest. Leider bauen die übrigen Folgen im Vergleich dazu atmosphärisch ab.
Die Ereignisse dümpeln etwas vor sich hin, auch wenn "Vatos" mit einem netten Subplot aufwartet. Die Serie hat eben ihre Licht- und Schattenseiten, sehr gut erkennbar in "Wildfire".
Abgesehen davon, daß Rick ständig in seinem Sheriffkostüm herumrennt, gibt er hier Sentenzen wie "We don’t kill the living" von sich, deren Intention zwar verständlich ist, die von ihrem Wortsinn her (man kann schließlich nur töten, was lebt) aber unsinnig sind. Erst recht, wenn er kurz darauf erklärt "There are no rules"; obwohl er wenige Minuten zuvor mit der Verkündung, daß nur die Zombies getötet werden (und nicht die Infizierten), jedoch fraglos eine Regel aufgestellt hat. Dabei ließe sich derlei leicht vermeiden.
Denn Darabont müßte mit derartigen Widersprüchlichkeiten einfach nur etwas spielen, so wie es beispielsweise ein Joss Whedon in "Firefly" oder "Serenity" getan hat. Zugleich liegt einer der Hauptmängel von "The Walking Dead" in seinem Protagonisten; sorgt Rick mit seiner moralinsauren Art im Z-Day-Szenario doch eher für mitleidiges Kopfschütteln.
Was dazu führt, daß man mehr mit dem "Boondock Saint" Norman Reedus mitfiebert als mit dem Captain America-artigen Kleinstadtsheriff. Wenn in "Wildfire" dann jedoch ein Auto-Treck aufbricht, der stimmungsvoll von John Murphys "Sunshine (Adagio In D Minor)" unterlegt wird, ist so mancher Fauxpas schnell wieder vergessen.
Das Staffelfinale "TS-19" ist etwas müde geraten, aber das stört weniger; eher schon die schlechten VFX - da wären Modelle vorzuziehen gewesen. "The Walking Dead" macht dennoch vieles richtig, läßt sich Zeit für seine Figuren und erzeugt eine exzellente apokalyptische Stimmung.
Zwar sind nicht alle Charaktere sonderlich gelungen, und die Regie ist auch hier nicht vor narrativen Schwächen gefeit, aber solche "inneren" Fehler werden vom äußeren Erscheinungsbild kompensiert (und das trotz des hohen Gore-Anteils).
Und angesichts der überzeugenden Quoten war es ohnehin frühzeitig klar, daß AMC Darabonts Serie auch ein zweites Jahr lang durchs Fernsehen wandeln lassen würde.
Florian Lieb
Kommentare_
Walking Dead läuft zur Zeit übrigens in einer Deutschfassung im Kabel auf FOX.