Video_Prestige
Magic Moments
Wenn sich Batman und Wolverine in Christopher Nolans packendem Magierdrama ein Duell der Zauberer liefern, kann Bobby Lugano einpacken - Zaubersalz hin, Strolchi her.
09.05.2007
Im viktorianischen London des ausgehenden 19. Jahrhunderts entflammt zwischen den beiden ehrgeizigen Nachwuchsmagiern Alfred Borden (Christian Bale) und Robert Angier (Hugh Jackman) ein bis aufs Blut geführter Zweikampf. Ausgangspunkt der Rivalität ist ein fataler und von Borden vermeintlich mitverschuldeter Arbeitsunfall im Zauberermilieu, der das tragische Ende von Frau Angier (Piper Perabo) herbeiführt und das seelische Innenleben des Witwers nachhaltig vergiftet.
Borden und Angier beschreiten fortan getrennte Wege, das Ziel der Vorherrschaft auf dem Feld der Zauberkunst stets vor Augen. Während sich der verbitterte Angier mit dem erfahrenen Altmeister Cutter (Michael Caine) zusammenschließt, forscht der raffinierte, aber ungeschliffene Borden an seinem ultimativen Zaubertrick. Da beide vom Streben nach persönlichem Ruhm und dem Untergang des verhaßten Intimfeindes besessen sind, gewinnt ihr Duell stufenweise an Grausamkeit. Als Alfreds jüngste Illusion, "Der transportierte Mann", zu einem durchschlagenden Erfolg wird, kontert Angier, indem er die letzten Grenzen der Moral überschreitet.
Christopher Nolans Gesamtwerk ist durch sein Faible für komplexgesteuerte Eigenbrötler gekennzeichnet. Seine Figuren existieren als Opfer ihrer zwanghaften Impulse, die sie in obsessive Außenseiter transformiert. So stellte bereits Nolans Regiedebüt "Following" einen Pseudo-Stalker und später fremdgesteuerten Einbrecher ins Zentrum der Handlung. In "Memento" wurde Antiheld dann Guy Pearce zum Sklaven eines teuflischen pathologischen Defekts, der ihn zur fortwährenden Mörderjagd in seiner ganz persönlichen Hölle verdammte. "Insomnia" präsentierte den von Schuldgefühlen geplagten Al Pacino in einer Art Dauerdämmerzustand, während "Batman Begins" die fundamentalsten Ängste der traumatisierten Titelfigur abarbeitete.
"The Prestige" fügt sich somit nahtlos in Nolans Filmographie ein. Mit handwerklichem Geschick verlegt der Brite das Duell der entzweiten Protagonisten auf mehrere Zeitebenen. Die daraus resultierende Flashback-Narration deckt das - die Feindschaft begründende - auslösende Verhängnis, die ersten selbständigen beruflichen Gehversuche der ungleichen Zauberkünstler und das Vorspiel zur letzten Konfrontation ab. Dabei wirken Nolans zahlreiche Wendungen und erzählerische Verbiegungen nicht immer schlüssig und ausreichend begründet. Die gewichtigsten Mysterien des von Doppelbödigkeiten und Täuschungen durchsetzten Puzzles sind gar schon aus sicherer Entfernung vor dem filmischen Showdown enttarnbar.
Doch trotz der latenten Vorhersehbarkeit büßt "The Prestige" kaum an Spannungsdichte ein; zu stark bindet Nolan den Zuschauer an seine verfeindeten Hauptakteure. Zu diesem Zwecke werden die Energien der Darsteller souverän in angemessene Bahnen gelenkt. Wie sein Leinwandcharakter übertrifft Christian Bale seinen filmischen Widersacher Hugh Jackman an Talent und gibt den ambivalenten Alfred Borden mit viel Spielwitz. Jackman stößt zwar an seine mimischen Grenzen, zeigt aber in den entscheidenden Phasen die erforderliche Präsenz. Und ebenso angemessen wie würdevoll entledigt sich Michael Caine seiner Aufgabe als weiser Mentor - eine Rolle, die er (ob seiner häufigen Besetzung auf dieser Position in den vergangenen Jahren) mittlerweile vollends verinnerlicht zu haben scheint.
Ohne sentimentalen Kinozauber, aber mit viel Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten hat Christopher Nolan mit "The Prestige" seine fünfte Regiearbeit konstruiert - und seinem Œuvre damit eine weitere sehenswerte Attraktion hinzugefügt.
Dietmar Wohlfart
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