Video_Sledge Hammer!
Make my day!
"Vertrauen Sie mir - ich weiß was ich tue" bedeutet seit den 80ern: Ich habe zwar keine Ahnung, aber eine dicke Kanone. Zwei mal vier DVDs ballern hier mit Gags um sich, daß es kracht.
20.06.2005
Mitte der 80er Jahre bremst ein zerschossener Wagen etwas zu spät und rammt Verkehrsschilder. Ein unbeschreiblich schlecht gekleideter Mann steigt aus. "Da hockt ein ausgeflippter Scharfschütze auf dem Dach!" schreit ein Polizist und wirft sich in Deckung, während der Angesprochene den Kofferraum öffnet, im Kugelhagel seelenruhig eine Bazooka herausholt und mit ihr das gesamte Hochhaus (samt Killer) in die Luft sprengt. So beginnt die witzigste Cop-Film-Satire aller bisherigen Zeiten: Sledge Hammer! Wer Sledge nicht kennt, stelle sich einen naiv-trotteligen Dirty-Harry-Verschnitt auf einer Überdosis Testosteron vor. Bei Hammer enden Einsätze vor allem für Unschuldige fatal, seine Sushi-Jause packt er auch schon mal in der Leichenhalle aus und Kriminelle verhört er am liebsten mit heißem Kaffee und einer Flinte. Auch Babys und Omas bleiben da nicht verschont.
Freundliche Gespräche führt der irre Cop mit der Sonnebrille nur mit seiner 44.er Magnum namens "Susi" (im Original: "just gun"), neben der er auch zu nächtigen pflegt. Kollegin Dori Doreau kriegt allenfalls Macho-Sprüche zu hören. Natürlich droht ständig der Anschiß durch den cholerischen und von Migräne geplagten Chef Captain Trunk, der Hammer gerne loswürde und daher nur unwillig aus größten Gefahren rettet:
Trunk: Hammer! Ich habe das Gegengift!
Sledge: Wie kann ich Ihnen jemals danken?
Trunk: Indem Sie es nicht nehmen.
Gespielt wird der unnachahmlich hyperbrutale Cop, der Schießübungen in seiner Wohnung veranstaltet und das empörte Wandhämmern der Nachbarn mit einem Schrei um Ruhe quittiert von David Rasche. Was für ein unglaubliches Talent Rasche einbrachte, zeigt sich zum Beispiel in der grandiosen Folge "Jailhouse Rock" (Originaltitel: "All Shook Up"), in der ein Serienkiller Elvis-Imitatoren umlegt und Sledge daher als Undercover-Elvis selbst die Hüfte schwingen muß. Auch Anne-Marie Martin als Detective Doreau kann sich sehen lassen: Die Dame sieht nicht nur zum Anbeißen aus, sie beherrscht selbst in Stöckelschuhen niederschmetternde Up-Kicks und pro Folge unzählige Variationen über Hammers Verhalten verzweifelt mit den Augen zu rollen. Im Einsatz fürchtet sie allerdings weder Sledge noch Schlammschlachten. Und Harrison Page als dauerschreiender Chef dürfte mehr zur Festigung des Klischees beitragen als die ewig suspendierenden Chefs, die er so treffsicher parodiert.
Hey, get back here! Don't you wanna finish the job? You lazy Commie!
Ja, seufz’: "Sledge Hammer!" war eine jener seltenen TV-Perlen, in der einfach alles stimmte. Angefangen vom hochgradig politisch inkorrekten Helden bis hin zum musikalischen Titelthema des damals noch wenig bekannten Komponisten Danny Elfman. Auch wenn der eine oder andere Gag heute vielleicht etwas albern daherkommen mag: Freunde des handfesten Humors kommen hier voll auf Ihre Kosten, ohne sich die knapp 30 Minuten langen Episoden auch noch von nervigen (und meist ohnehin schlechten) Werbespots zerschießen lassen zu müssen.
Leider hat es "Sledge Hammer" trotz großem Erfolg nie über zwei Staffeln hinaus geschafft, weil TV-Sender halt lieber harmlosen Mist produzieren oder uns mit realistischen, bitteren, dramenschweren Cop-Serien den Feierabend versüßen wollen.
Trost spenden jetzt beide Sledge-Hammer!-Staffeln mit jeweils um die 20 Episoden auf DVD in solider TV-Qualität mit englischen und deutschen Tonspuren. Pro Staffel winken vier Audiokommentare von Sledge-Erfinder Alan Spencer und den Hauptdarstellern, die interessante Details und allerhand Trivia zum Besten geben. Eine Featurette und neue Interviews mit den Beteiligten sind ebenso interessant wie die volle Länge des Pilotfilms, aus dem eine (wirklich absolut harmlos brutale) "Verhörszene" herauszensiert wurde. Die Schnittvergleiche zwischen den Original- und Synchro-Versionen wirken dagegen eher aufgesetzt, ebenso die zum Gähnen uninteressanten Originalvor- und Abspänne deutscher Privatsender. Schade: Das 16seitige Booklet mit Episode Guide fliegt lose in der Schachtel mit den vier DVDs herum. Ein prächtiger "I LOVE VIOLENCE"-Aufkleber tröstet darüber hinweg, daß man ja auch eine 44.er Magnum oder eine kleine Bazooka hätte beilegen können. Aber auch ohne Bleispritze werden Sie reichlich Spaß haben. Vertrauen Sie mir - ich weiß, was ich schreibe!
Andreas Winterer
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