Video_Mystic River
Die Sünden der Kinder
Drei Jugendfreunde können als Erwachsene ihrem Schicksal nicht entkommen. Und Clint Eastwood wird Opfer seiner altersbedingten Langsamkeit.
08.10.2004
Jede Menge Oscar-Nominierungen. Zwei tatsächlich verliehene Oscars – für die beste männliche Haupt- und Nebenrolle. Kritiker, die einander mit Lobeshymnen übertreffen. Eine Namensliste bei Cast und Crew, die tatsächlich einen Spitzenfilm verspricht: Clint Eastwood als Regisseur, Brian Helgeland ("L. A. Confidential") als Drehbuchautor, Sean Penn, Tim Robbins und Kevin Bacon in den Hauptrollen, Laura Linney, Marcia Gay Harden und Lawrence Fishburne als Nebendarsteller. Und eine Story nach einem Roman von Dennis Lehane, der wohl einer der besten lebenden US-Krimiautoren ist.
Und dann dieser Film: Wer mit allzugroßen Erwartungshaltungen an ihn herangeht, kann nicht anders als enttäuscht sein. Die Geschichte der drei Jugendfreunde aus Boston, die im Erwachsenenalter als Polizist, Ex-Gangster und Versager (weil damals durch Kindesmißbrauch schwer beschädigt) ihr Dasein fristen und in einer Tragödie aus Tod, Verrat und Rache wieder aufeinandertreffen, ist natürlich brillant gespielt und bringt viel - wenn auch bei weitem nicht alles - von der Stimmung der literarischen Vorlage auf die Leinwand bzw. den Bildschirm. Nur langsam ist sie halt, elend langsam und um einiges zu lang. Freut man sich am Anfang noch über Eastwoods altmodischen Inszenierstil, der sich von modernen Kino-Erzählritualen nicht hetzen läßt, so beginnt man spätestens in der Hälfte an den sich dahinschleppenden Szenen mit ihrem endlosen Schweigen zu ermüden. Da hat wohl jemand zu sehr auf die Preisverleiher geschaut und Kunst produzieren wollen – oder Eastwood dreht wirklich nur mehr Alterswerke, die seinem privaten Lebenstempo entsprechen.
Trotzdem: sehenswert, wenn auch mit Abstrichen, und dank der vielen Extras auf der Doppel-DVD (lange Interviews mit Eastwood, Robbins und Bacon, "Making of" etc.) auch was fürs Archiv.
Peter Hiess
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