Video_So finster die Nacht
Klarheit statt "Twilight"
Zwei jugendliche Seelenverwandte kommen einander in diesem skandinavischen Filmschmuckstück - einem traurig-schönen Coming-of-Age-Vampirdrama - näher und ziehen auch den Zuseher in ihren Bann.
23.06.2009
Der zwölfjährige Oskar (Kare Hedebrant) lebt mit seiner geschiedenen Mutter (Karin Bergquist) in einem Stockholmer Vorort. Freunde hat der stille Junge nicht - im Gegenteil: er wird von seinen Mitschülern konsequent angefeindet und terrorisiert. Introvertiert und isoliert führt Oskar das Leben eines klassischen Außenseiters, als er eines Tages auf das neu zugezogene Nachbarskind Eli (Lina Leandersson) trifft. Das einsilbige Mädchen mit den kalten, dunklen Augen ist nur nachts anzutreffen, scheint - obgleich nur leicht bekleidet - trotz Eiseskälte nicht zu frieren und verströmt einen seltsamen Geruch. Trotz oder gerade wegen Elis Andersartigkeit interessiert sich Oskar für den mysteriösen Neuankömmling, dessen Eintreffen zeitlich mit einer grauenerregenden Mordserie zusammenfällt, die die kleine Ortschaft in Atem hält.
Der von seinen Klassenkameraden gequälte und ins Abseits gedrängte Oskar sehnt sich nach Freundschaft und Zuneigung. Es ist ihm schließlich einerlei, ob ihm diese von einem Jungen oder einem Mädchen zuteil wird (Zitat Eli: "Ich bin kein Mädchen"). Das zerrüttete Elternhaus, die deprimierende Plattenbautenszenerie, die Mobbing-Attacken der Mitschüler - Oskar, die stereotype Sonderlingfigur, geht aus charakteristischen Rahmenbedingungen hervor, die zwangsläufig Außenseitertypen produzieren müssen. Ohne das Zutun Elis wäre er vielleicht irgendwann an den tendenziell brutaler werdenden Übergriffen seiner Klassenkameraden zugrunde gegangen oder hätte seine heimlichen Rachephantasien - im Verborgenen übt Oskar Vergeltungsmaßnahmen mit einem Messer - im Stile der modernen Schulmassaker verwirklicht. Doch Eli, die durch die bestialischen Serienmorde und die alarmierte Nachbarschaft zunehmend selbst unter Druck gerät, verschafft ihm Rückhalt und steigert das Selbstvertrauen des Knaben.
Es sind die uralten Ängste und Sehnsüchte des Heranwachsenden, auf die sich der aus einer Familie von Filmschaffenden stammende Regisseur Tomas Alfredson bei der Adaption des Thriller-Bestsellers von John A. Lindqvist konzentriert. Ihm gelingt ein elegisches und anrührendes Horrordrama, das in wohldosiertem Tempo ruhig seinen Lauf nimmt. Ganz ohne lärmendes Beiwerk - Splatter-Action, grelle Schockeffekte oder digitalen Pomp - erreicht Alfredson sein Ziel: Dichte, Mysterium und ein Gefühl für die schiere Hoffnungslosigkeit; die unheilvollen Konstellation der beiden Outsider, die doch nicht sein darf und in der die jungen Protagonisten zusammengeschweißt werden. Es ist ein Schauspiel, das gefangennimmt und womöglich sogar ein bißchen wehmütig stimmt.
Einer treuen Gefährtin wie Eli wäre vielleicht so mancher Zuseher ja selbst gern in einem früheren Lebensabschnitt begegnet ...
Dietmar Wohlfart
Kommentare_
sehr sehr schoenes kleinod,dieser film.duester,tristese die umgebung.ein ami remak steht bevor,kann nicht besser!
Wunderbarer Film, den man trotz der düsteren Atmosphäre ruhig mehrmals ansehen kann. Die Geschichte ist genial umgesetzt und das geplante Remake kann dem schwedischen Charme bestimmt nicht standhalten, aber man darf gespannt sein. ;)
Eine wunderbare Story und ein ausgezeichneter Film.
Dank John Ajvide Lindqvist and Tomas Alfredson