Video_Krieg der Welten - Special Edition
Hauptsache, es knallt!
Wenn Steven Spielberg und Tom Cruise zusammen gegen die Dreibeiner in den Krieg ziehen, ist großes Spektakel vorprogrammiert. Mehr aber auch nicht.
02.12.2005
Es scheint Ewigkeiten her zu sein, daß man nach dem Besuch eines Films aus der Hand des einstigen Blockbuster-Königs den Kinosaal fröhlich-verzaubert verlassen konnte, mit dem Gefühl, gerade eine gelungene Achterbahnfahrt inklusive Popcorn erlebt zu haben. Seit "Jurassic Park" (1993) konnte Mr. E. T. zwar zahlreiche Kassenerfolge vorweisen, aber so richtig wollte der Funke nicht mehr überspringen - weder bei den SF-Spektakeln "A. I." und "Minority Report" noch bei den maßlos überproduzierten Primetime-Filmchen "Catch Me If You Can" und "The Terminal".
Für die Adaption des H.-G.-Wells-Klassikers "Krieg der Welten", den zuletzt Comic-Genie Alan Moore für seine "League of Extraordinary Gentlemen" verarbeitete, verbrüderte sich der Regie-Kassenmagnet zum zweiten Mal mit Superstar Tom Cruise, um wieder einmal den teuersten Film aller Zeiten zu liefern. Statt sich dabei auf große Schlachten und Katastrophen zu beschränken, konzentrierten sich Spielberg und Drehbuchautor David Koepp lieber auf die unfähige Vaterfigur des Ray Ferrier (Cruise) der übers Wochenende seine beiden Kinder hüten soll und statt ein paar Stunden mit der Familie die Invasion der Dreibeiner erleben darf. Die drei flüchten nach Boston zur Ex-Frau/Noch-Mutter, deren Lebensgefährten und den Schwiegereltern, während nebenher die Zivilisation massakriert wird.
Was der Zuschauer dabei zu sehen bekommt, hat es jedoch wirklich in sich. Die mehr als 132 Millionen teure Produktion geizt nicht mit Katastrophen, Effekten oder Horrorszenarien. Trotzdem bleibt nach Ansicht des unrunden Beinahe-Weltuntergangs ein schaler Nachgeschmack. (Lesen Sie dazu den ausführlichen EVOLVER-Kino-Review.)
Interessant ist jedenfalls, daß Spielberg sich in jüngerer Vergangenheit immer wieder düsteren Themen zuwendet, anstatt wie seinerzeit mit "E. T." Millionen Kindern (und mit Sicherheit auch dem einen oder anderen Erwachsenen) ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern oder dafür zu sorgen, daß man dank "Jaws" um Badestrände einen großen Bogen machte. Statt einer Philip-K.-Dick-Dystopie beschert er uns in "Krieg der Welten" eine Prise Anti-Terrorismus-Propaganda, indem er zu zeigen versucht, wie es aussähe, wenn die braven Amerikaner zu Flüchtlingen würden. (Mit dem New-Orleans-Fiasko hat damals wohl noch keiner gerechnet.)
Gegen Propaganda gäbe es ja eigentlich nichts zu sagen - immerhin entsprangen zahlreiche Meilensteine der US-Science-Fiction der amerikanischen Angst vor diversen Dingen. Die These, daß Spielberg offenbar erwachsen werden will, muß uns ebenfalls egal sein - schließlich beherrschte der Regisseur sein Handwerk bereits zu Beginn seiner Karriere und griff über die Jahre hinweg immer wieder ernste Sujets auf. Trotzdem bleibt die Frage, warum in Spielbergs neueren Werken immer wieder der Wurm drin war ...
Die Extras der Special Edition entschädigen jedenfalls für die inhaltlichen Schwächen des Spektakels und bieten weitgehend informative und qualitativ hochwertige Einblicke in die Entstehung des Films. So äußern sich Regisseur und Drehbuchautor zu ihren Einflüssen, dem Zugang zum Wells-Original und der Erstellung des Scripts ohne Integration der typischen Katastrophenfilmszenen à la Bay/Emmerich. Die umfangreichen Produktionstagebücher begleiten Cast und Crew durch die Dreharbeiten, und auch Spielbergs Haus- und Hofkomponist John Williams meldet sich zu Wort. Schade nur, daß man auf Audiokommentare verzichten muß - die wären sicher interessanter gewesen als manche der kindlichen Spielberg-Dialoge.
Jürgen Fichtinger
Kommentare_