Video_Der Mandant
Der Auto-Advokat
Mobil erreichbar sein - das hat sich Mickey Haller, Romanfigur von Michael Connelly, scheinbar auf die Plakette geschrieben. Immerhin operiert der Rechtsverdreher aus einem Lincoln Towns Car heraus in den Straßen von Los Angeles. Matthew McConaughey erweckte die Figur in diesem Jahr zum Leben, was zwar wenig spannend, aber dennoch unterhaltsam ausfiel.
03.12.2011
Schon Konfuzius sagte, daß der Weg das Ziel sei. Und wer will nach einem Jahrhundert Kino noch erwarten, wirklich überrascht zu werden? Auch ein M. Night Shyamalan lockt mit seinen zum Markenzeichen verkommenen Überraschungsenden niemanden mehr hinterm Ofen hervor. Weshalb sich die Beteiligten von "Der Mandant" wohl dachten: Warum versuchen, was nur Scheitern kann?
Der Film - er heißt wie ein Werk von John Grisham, die Buchvorlage stammt aber von Michael Connelly - kommt mit wenig Überraschungen daher. Zwar dreht sich auch hier alles um Anwälte, Mord und Intrigen, ganz so konservativ wie ein Grisham-Werk ist "Der Mandant" dann aber nicht. So gelang Regisseur Brad Furman ein Film ohne Höhe-, allerdings auch ohne Tiefpunkte.
Charmeur und Ex-"Sexiest Man Alive" Matthew McConaughey spielt den Winkeladvokaten Mickey Haller, der vom Rücksitz seines Lincoln Towns Car heraus operiert und von Prostituierten mit Kokainsucht bis zu drogenanbauenden Rockern quasi jeden vertritt, der mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Was in einer Stadt wie Los Angeles nicht gerade wenige sein dürften.
Vielleicht hat er sich gerade deswegen den Leitspruch seines Vaters, ebenfalls Anwalt, eingeprägt, daß kein Mandant so gefährlich sei wie ein unschuldiger Mandant. Denn boxt man diesen nicht raus, plagt einen das schlechte Gewissen. An einen Solchen scheint Haller zu Beginn des Filmes zu geraten, als der wohlhabende Louis Roulet (Ryan Phillippe) ihn anheuert.
Er soll eine Prostituierte zusammengeschlagen haben und muß sich nun vor Gericht verantworten. Haller übernimmt den Fall im Glauben, Roulet sei unschuldig. Doch relativ bald stellen sich Widersprüche ein, und es werden Parallelen zu einem alten Klienten aufgedeckt. Ein paar Jahre zuvor hatte Haller Jesus Martinez (Michael Peña) vertreten, der eine Prostituierte ermordet haben sollte und durch Hallers Zutun der Todesstrafe entging.
Für den Anwalt sind die nahezu identischen Fälle kein Zufall und die Schuldfrage von Roulet fortan bewiesen. Doch kaum ist der Playboy auf Kaution freigelassen, stellt er für Haller fortan eine eminente Gefahr dar, die das Leben seiner Tochter sowie deren Mutter Maggie (Marisa Tomei), zugleich Staatsanwältin, bedroht.
Folglich geht es in "Der Mandant" weniger darum, die Schuldfrage wie in Filmen à la "Zwielicht" bis ins Finale hinein offenzuhalten. Vielmehr wird der von Phillippe sehr überzeugend gespielte Roulet bereits im ersten Akt als Täter etabliert. Auf ein Twist-Ende verzichtet der Film also, stattdessen muß Haller schauen, wie er diese Suppe wieder auslöffelt.
Hierbei gilt es, an Roulet vorbeizuarbeiten, keinen Verdacht auf sich zu lenken und gleichzeitig seine Zulassung nicht zu gefährden. Ein gewagtes Spiel, bei dem nach anfänglichem Verbrennen der Finger hauptsächlich geschicktes Taktieren im Mittelpunkt steht. Wie schützt Haller sich selbst und seine Familie, führt Roulet seiner gerechten Strafe zu und befreit Martinez aus seiner Haft?
Unterstützt wird McConaughy dabei von einigen namhaften Kollegen. Neben Tomei gibt auch Josh Lucas einen Ankläger der Staatsanwaltschaft, hinzu kommt William H. Macy als Hallers Ermittler und guter Freund. Serien-Darsteller wie Kat Moenning ("The L Word") und Emmy-Gewinner Bryan Cranston ("Breaking Bad") tauchen in eher unwichtigen und daher wenig präsenten Nebenrollen auf.
Nicht besonders politisch korrekt zeigt sich die Figurenbesetzung: Der einzige Afroamerikaner ist Hallers Chauffeur, und auch Latino-Charaktere tauchen eher negativ klischeebehaftet auf.
Abgesehen von seinen Stereotypen ist "Der Mandant" jedoch ein solider Mix aus Gerichtsdrama und Thriller geworden, wenngleich man seinen Verlauf nach einer halben Stunde punktgenau vorhersagen kann.
Das trübt zwar nicht wirklich den Unterhaltungswert, nimmt der Story aber einiges an Spannung. Der Film ist letztlich zu gut, um schlecht zu sein, und zu schlecht, um als gut zu gelten. Dennoch schien das moderate Kino-Einspielergebnis den Produzenten soweit zugesagt zu haben, daß aus "Der Mandant" nun eine TV-Serie wird.
Technisch fällt die Blu-Ray des Films exzellent aus. Das Bild fängt das lebensfrohe kalifornische Naturell in feschen Farben ein und präsentiert sich in scharfem High Definition. Auch der Ton ist nahezu durchweg klar und räumlich. Die Extras warten mit einem Making Of auf (in dem die Beteiligten einander Honig ums Maul schmieren), sowie mit zwei nicht weniger selbstüberzeugten Featurettes. Die nicht verwendeten Szenen waren in der Tat verzichtenswert. Ingesamt hinterläßt die Blu-Ray somit technisch einen sehr überzeugenden Eindruck, dem die Extras nicht gerecht werden.
Florian Lieb
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