Video_Dead Creatures
Ein Herz für Zombies
Einen völlig neuen Aspekt gewinnt der britische Filmemacher Andrew Parkinson der Zombie-Thematik ab: Hier sind die Untoten die Opfer.
16.06.2004
Der Backcover-Text der "Dead Creatures"-DVD beschreibt Regisseur Parkinsons zweiten Film als "Mixtur aus Mike Leigh, Ken Loach und George Romero". Kein unpassender Vergleich - denn statt (wie sonst üblich) mit dem alten "Mensch vs. Zombie"-Spiel punkten zu wollen, konzentriert sich der Film auf das Schicksal von vier Frauen, die versuchen, mit ihrer Infektion zu leben. Hier ist es nicht eine Handvoll Überlebende wie bei Romero, die eingekesselt in den fleischfressenden Wahnsinn ihr Dasein fristet. Stattdessen dreht sich alles um die Zombies, die vollkommen isoliert um ihr Überleben kämpfen. Freunde und Verwandte von einst haben in dieser "neuen Lebenslage" keinen Platz mehr. Während ihre männlichen Kollegen das Einzelgängertum bevorzugen, hat sich das weibliche Zombie-Geschlecht zusammengeschlossen, um sein unabwendbares Schicksal möglichst lange hinauszuzögern und durch das Miteinander der völligen Vereinsamung zu entgehen.
Parkinson widmet sich dabei voll und ganz seinen Ausgestoßenen. Um der "Krankheit" Einhalt zu gebieten, muß ein steter Nahrungsfluß gewährleistet werden - und so zieht immer eine aus, um still und heimlich (meist männliches) Frischfleisch zu besorgen, das dann gemeinschaftlich in der Wohnung verspeist wird. Ohne diesen regelmäßigen Kannibalismus könnten die Untoten ihre Triebe nämlich nicht mehr unter Kontrolle halten und würden wahllos Menschen anfallen (wie man das ja gewohnt ist). Auch der körperliche Verfall und somit die völlige Transformation gingen ohne entsprechende "Jausen" viel schneller vonstatten...
Während es den Infizierten durchwegs gelingt, mit ihren kleinen Snacks unerkannt in den Randbezirken Londons dahinzuvegetieren, gibt es einen selbsternannten Zombie-Jäger, der sein ganzes Dasein der Bekämpfung der Seuche verschrieben hat. Auch er lebt in völliger Isolation, da er als als einziger Bescheid weiß. Getrieben von persönlichen Motiven (die hier natürlich nicht verraten werden), wandert er nachts durch die Straßen und hält Ausschau nach Verdächtigen, um sie in seinem Keller nach ihren Gepflogenheiten auszuquetschen und Hinweise auf andere Vertreter der "Spezies" zu bekommen. Daß sich die Wege der Frauen früher oder später mit dem seinen kreuzen, liegt auf der Hand.
Nach "I, Zombie" setzte sich Andrew Parkinson bereits zum zweiten Mal mit dem Zombie-Dasein auseinander und lieferte dabei wieder - indem er den Zombie als alleinige Identifikationsfigur für den Zuseher präsentiert - einen für das Genre unorthodoxen und bemerkenswerten Film ab.
Jürgen Fichtinger
Kommentare_