Video_Beats Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest

HipHop-Heroes

Sie gelten als Pioniere des alternativen HipHop und werden in einem Zug mit dem Wu-Tang Clan und Run-D.M.C. genannt. Vor 14 Jahren trennten sich A Tribe Called Quest, als die Gründer Q-Tip und Phife Dawg in Konflikt gerieten. Auf ihrer Reunion-Tour 2006 begleitete Michael Rapaport die Gruppe und liefert jetzt eine filmische Chronologie der Ereignisse.    15.11.2012

Offen gestanden hatte ich von A Tribe Called Quest im Vorfeld dieser Dokumentation noch nie gehört. Ich hatte nicht einmal gewußt, daß sich der Filmtitel auf eine Band bezog. Dabei bin ich mit den Konkurrenten der Band um einen Platz am HipHop-Olymp - wie Public Enemy, Run-D.M.C. oder dem Wu-Tang Clan - durchaus vertraut. Allerdings muß man kein Fan von A Tribe Called Quest sein, um ein Fan von "Beats Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest" zu werden.

Hier hilft es schon, daß Regisseur Michael Rapaport, eher bekannt als Schauspieler, von den vier New Yorker Rappern begeistert ist. Er begleitete die Band auf ihrer Reunion-Tour im Jahr 2006, die von denselben Problemen gekennzeichnet war wie die Zeit ihrer Auflösung Ende der 1990er. Grund genug für Rapaport, für Zuschauer wie mich die Uhr zurück zu drehen und die Anfänge und Entwicklung von A Tribe Called Quest zu beleuchten.

 

Die Ursprünge der Band finden sich im Viertel St. Albans im New Yorker Stadtteil Queens, aus dem zuvor bereits solche Musikgrößen wie Ella Fitzgerald, James Brown oder LL Cool J hervorgegangen waren. Letzterer war es auch, der gemeinsam mit Run-D.M.C. in den Achtzigern für den Aufstieg des HipHop sorgte. "We were mesmerized by the HipHop", sagt Frontman Q-Tip rückblickend.

Wie so viele andere waren auch er und seine Freunde von der neuen Musikrichtung inspiriert. "That HipHop shit is hot", realisierten sie - und erkannten zugleich die Möglichkeiten, die ihnen die Musik bot. "If you could rhyme", sagt Q-Tip, "that was, like, a big deal." Und reimen konnte er, weshalb er auch gemeinsam mit seinem besten Freund Phife Dawg eine Gruppe gründete.

Das war 1985, und die anderen Gruppenmitglieder waren Ali Shaheed Muhammad und Jarobi White. Wie es der Zufall so wollte, schien der Aufstieg der vier Freunde Schicksal zu sein. Schließlich hatten Q-Tip und Ali dieselbe Schule besucht wie Afrika Baby Bam und Mike Gee von den Jungle Brothers, weshalb Gee die Jungs seinem Onkel, dem renommierten HipHop-DJ Red Alert, vorstellte.

"It was like a 'meant to be' type of thing", sinniert Afrika Baby Bam. Um A Tribe Called Quest brach ein Bieterkrieg zwischen den Plattenlabels aus; am Ende landeten sie bei Jive Records - und ihre erste Single "Bonita Applebum" 1990 auf Platz 4 der Rap-Charts. "I had never heard nothing like that in my whole life", erinnert sich Pharrell Williams, und Common meint, daß Q-Tip und Co. für "a whole new brand of HipHop" verantwortlich gewesen seien.

 

Zwischen 1990 und 1998 veröffentlichte die Band fünf Alben, ehe es zur Trennung kam. "The chemistry was dead", sagt Phife. "Shot." Die Spannungen zwischen ihm und Q-Tip waren zu groß geworden, hinzu kamen Konflikte mit dem Label. Phife Dawg war bereits Jahre zuvor von New York nach Atlanta gezogen, am Telefon wurde letztlich das Ende beschlossen. "We have to move on", heißt es von Q-Tip zu Beginn, "good things do come to an end."

Die Geschichte von A Tribe Called Quest, das wird ziemlich früh deutlich, ist die Geschichte der Freundschaft zwischen Phife und Tip. "I guess you call it a love-hate-relationship", faßt es Phife später treffend zusammen. Wie so viele andere Bands besaß auch diese zwei Egomanen. Was Noel und Liam Gallagher bei Oasis waren, fand sich hier in Phife und Tip.

Die beiden kennen sich, seit sie zwei Jahre alt waren. "I practically grew up with him", sagt Phife. "We were best friends", ergänzt Tip. Nach der Trennung der Band jedoch verlief ihre Freundschaft etwas im Sand, wobei Phife erwähnt, daß auch zuvor nicht immer alles eitel Sonnenschein war. "You gotta get tired of each other", sagt er in Bezug auf Tourneen von zwei bis drei Monaten - was viel aussagt über eine Band, die 13 Jahre zusammen war.

Daß es 2004 und 2006 zu Reunion-Auftritten kam, war dabei der Diabetes von Phife geschuldet. Obschon A Tribe Called Quest mehrere Angebote erhalten hatten, wurde letztlich nur eines angenommen, damit Phife seine Krankenhausrechnungen bezahlen konnte. Wie die Tour zeigte, waren die Wunden zwischen ihm und Tip jedoch nicht verheilt.

 

Wo Rapaports "Beats Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest" nun noch hätte ansetzen können, wäre an der Bedeutung des Band-Endes für die Freundschaft dieser zwei Männer. Auch Jarobi und Ali werden in der Doku etwas arg in den Hintergrund gedrängt. Es wäre interessant gewesen, zu erfahren, wie sie über das Ende der Band denken, scheint Jarobi doch besser mit Phife zu können (er zog für ihn nach Atlanta) und Ali stärker mit Tip befreundet zu sein.

Als Porträt der Band geht die Dokumentation aber in Ordnung, selbst wenn nicht ganz klar wird, was es nun genau war, das A Tribe Called Quest zu Pionieren des HipHop machte. So ist der Film zwar fraglos unterhaltsam und gut, hätte jedoch durchaus besser geraten können.

Für alle Fans der vier New Yorker bietet Rapaport eine gelungene Zeitreise und Rekapitulation der Ereignisse. Alle anderen werden wohl spätestens nach dem Ansehen Fans von A Tribe Called Quest sein - so wie der Autor dieser Zeilen.

Florian Lieb

Beats Rhymes & Life: The Travels of A Tribe Called Quest

ØØØ 1/2

Leserbewertung: (bewerten)

USA 2011

Mindjazz Pictures

 

DVD Region 2

98 Min, englische OF mit dt. UT

 

Regie: Michael Rapaport

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