Kino_Kino-News KW 33/2004

Vermutungen

Es darf nicht länger aufgeschoben werden: EVOLVER macht sich Gedanken über den Status quo der Filmindustrie. Nachfolgend vier Thesen anhand der Kinostarts dieser Woche.    13.08.2004

 

Christoph Prenner

Godsend


USA/Kanada 2004

102 Min.

Regie: Nick Hamm

Darsteller: Greg Kinnear, Rebecca Romijn-Stamos, Robert De Niro u. a.

 

Vermutung Nr. 1: Der einst beste Schauspieler der Welt, Robert De Niro, steckt derzeit in der wohl schwersten und hartnäckigsten Krise seines künstlerischen Schaffens.

Als Indiz hiefür sei - neben den zahlreichen gescheiterten Versuchen, sich im Komödienfach zu etablieren - sein Auftritt in diesem Horror (ja, was eigentlich? -Thriller?) vorgebracht. Denn die Verkörperung des nur vermeintlich gottgesandten Mephistopheles im Arztkittel, der einem psychisch zerstörten Ehepaar (Kinnear, Romijn-Stamos; Spiel bzw. Frisur indiskutabel) nach dem Unfalltod ihres Sohnes zur baldigen originalgetreuen Klonung desselben rät und diese dann auch durchführt, nur um Jahre später zu bemerken, daß hier so einiges schief gelaufen ist und das Kind zum Entsetzen (aller?) fortan ein gar böses ist - nein, diese Verkörperung geht auf keine Kuhhaut. Genausowenig wie die frech aus "Das Omen" bzw. "Friedhof der Kuscheltiere" zusammengeklaubte Handlung, die vollkommen tolpatschige Inszenierung und das wohl mieseste Schauspielkind seit langem (hat der Shyamalan all die guten für sich gepachtet?). Unbedingt vermeiden.

 

Links:

Blueberry und der Fluch der Dämonen

(Blueberry)


Frankreich/Mexiko/USA 2004

124 Min.

Regie: Jan Kounen

Darsteller: Vincent Cassel, Juliette Lewis, Michael Madsen u. a.

 

Vermutung Nr. 2: Der unterschätzteste Film des Jahres. Lesen Sie dazu die ausführliche EVOLVER-Filmbesprechung.

 

Links:

Elling - Nicht ohne meine Mutter

(Mors Elling)


Norwegen 2003

78 Min.

Regie: Eva Isaksen

Darsteller: Per Christian Ellefsen, Helge Reiss, Grete Nordra u. a.

 

Vermutung Nr. 3: Die Klontechnologie ist nicht mehr zu stoppen - eine Aussage, die sich nicht nur als Filmsujet trefflich anwenden läßt (siehe oben), sondern vermehrt 1:1 auf das Medium Film selbst übertragen werden kann. Noch nie überfluteten so viele und so viel überflüssige Remakes, Prequels und Sequels auch nur irgendwie klonungstauglicher Ausgangsfilmware die Kinos der Nationen wie in den vergangenen zwei, drei Jahren. Ob´s an chronischer Ideenarmut liegt? Oder nur an haarsträubender Risikoscheu der Produktionsfirmen? An der Qualität liegt es jedenfalls eher nicht.

Diese Erkenntnis wird sich aber noch lange nicht bis nach Tinseltown herumsprechen - und nach Norwegen wahrscheinlich auch nicht. Wie sonst wäre es zu erklären, daß der an sich recht liebenswürdige Überraschungs-Komödien-Hit "Elling" aus der Saison 2002 rund um einen schrullig-introvertierten Norwegerkauz jetzt mit einer dubios unwitzigen und beinahe plumpen Vorgeschichte aufgewärmt wird? Und zwar einer, die ungeschickt all die Fährnisse aufgelegter Klischees über diese prinzipiell komisch gemeinte Mutter-Sohn-Beziehung eben nicht umschifft, sondern geradewegs anvisiert? Nein, das hätte es nicht gebraucht. Dennoch: Lustiger als die durchschnittliche Austroklamotte ist es allerweil noch.

PS: In Hollywood wird - genau - bereits an einem "Elling"-Remake gebastelt. Hübsch, nicht?

 

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Bekenntnisse einer Highschool-Diva

(Confessions of a Teenage Drama Queen)


USA 2004

97 Min.

Regie: Sara Sugarman

Darsteller: Lindsay Lohan, Alison Pill, Barbara Mamabolo u. a.

 

Vermutung Nr. 4: In naher Zukunft werden Filme hauptsächlich auf die kinofreudige Zielgruppe zwölfjähriger Mädchen zugeschnitten sein.

Dies ist eine durchaus gewagte Behauptung - und insbesondere in Kombination mit Vermutung Nr. 3 geradezu beängstigend. Bei spontan auftretenden Zweifeln sei Ihnen ein Blick in die Kinostarts dieser Sommermonate anempfohlen: "30 über Nacht", "Ein verrückter Tag in New York", "Girls Club - Vorsicht bissig", "Plötzlich Prinzessin 2" (!!!) und dieser hier: "Bekenntnisse einer Highschool-Diva".

Eigentlich geht´s bei derlei Görenfutter dann eh immer ums gleiche: sich selber doof finden, alle anderen (Mutti, Papi, beste Fast-schon-Busen-Freundin) noch viel doofer finden, aber eigentlich sind sie ja doch alle lieb, und besonders der urursüße Boy aus der letzten Reihe. Kurzum: der allerletzte ...

(Autor vor Beendigung des Diktats kollabiert)

 

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