Musik_Tuxedomoon - Cabin in the Sky

Manchmal kommen sie wieder

Kaum haben Kraftwerk das Land verlassen und Throbbing Gristle ihren terminlich verunglückten Reunion-Gig gespielt, kommen auch schon die nächsten Heroen aus der Gruft.    08.06.2004

Vor 27 Jahren veröffentlichten ein paar junge ambitionierte Herren von der San Franciscoer Musikschule auf dem Label der Residents ein bis heute ungeschlagenes Album: "Half Mute". Der Debüt-Longplayer von Tuxedomoon klingt im Jahr 2004 noch genauso frisch und revolutionär wie bei seinem Erscheinen. Gerade einmal losgelöst von den Wurzeln im Punk und mit einer großen Portion Virtuosität ausgestattet, bestach die Band von Beginn an durch ihre einzigartige Mischung aus Rock, Jazz und Avantgarde.

Nach vielen Platten und Trennungen von einzelnen Musikern erschien 1987 das letzte reguläre Album "You"; danach wurde es für lange Zeit still um die Band, und es entstanden nicht nur Soloalben, sondern auch Unmengen von Nebenprojekten. Als voriges Jahr DJ Hell einen Remix des Tuxedomoon-Klassikers "No Tears" in die Hitparaden brachte, schien ein Zucken in die Knochen der alten Herren zu fahren, und sie beschlossen, ein neues Album aufzunehmen. Zuvor tourte die Band allerdings noch durch Europa und zeigte ein eher müdes Gesicht, das einem die Vorfreude auf die neue Platte etwas nahm.

Nach langem Warten liegt das neue Werk nun vor und - anders als erwartet - überzeugt ohne jeden Zweifel von der ersten bis zur letzten Sekunde. "Cabin in the Sky" ist ein geniales Werk, das das Kunststück vollbringt, den Tuxedomoon-Sound ins neue Jahrtausend zu transportieren und sich gleichzeitig das Beste aus allen neuen Musikrichtungen zu holen. Das Line-up ist zu 100 Prozent original: am unverkennbaren Baß Peter Principle, an Stimme und Violine Blaine L. Reininger, sowie an Klarinette und Saxophonen und Vocals Steven Brown. Auch mit dabei ist wieder Luc van Lieshout, der der Band zwei Jahre vor ihrer Trennung beitrat, sowie eine beachtliche Anzahl Gastmusiker: die deutschen Elektropopper Tarwater und DJ Hell, der Crammed-Discs-Labelchef Aksak Maboul und Tortoise-Member John McEntire.

Wie bei all ihren Alben präsentieren Tuxedomoon auch hier eine Mischung aus längeren instrumentalen Stücken und kürzeren Songs, die diesmal jedoch moderner klingen als bisher. Fast alle sind mit dezenten elektronischen Beats unterlegt, die vielleicht vergleichbar sind mit den enstpannten Rhythmen eines Arto Lindsay. Allerdings merkt man, daß hier Könner am Werk sind, denn die Elektronik wird so subtil und gleichzeitig doch verspielt eingesetzt, daß sie nie nur Grundmaterial für die Songs ist. Dominiert wird die Platte allerdings von den Instrumenten der drei Gründerväter - Violine, Baß und Klarinette. Der abwechselnde Gesang von Brown und Reininger ist phänomenal wie eh und je und verleiht dem Album die nötige Schräge.

Zur Zeit tourt die Band fleißig rund um Österreich, von Italien bis Kroatien und Belgien. Vielleicht findet sich ja doch noch ein Wien-Termin, um den schalen Nachgeschmack der letzten Performance auszumerzen. Und wenn nicht, dann drücken wir die Daumen für die nächsten alten Knacker, die zur Zeit ihre Band reanimieren: Minimal Compact sind nämlich wieder aktiv, und es gibt auch Gerüchte, daß die Pop Group und Cabaret Voltaire ebenfalls wieder zusammenfinden wollen. Doch das sind dann wieder andere Geschichten...

Walter Robotka

Tuxedomoon - Cabin in the Sky

ØØØØØ


Crammed Discs/Echo-Zyx (B 2004)

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