Video_Donnie Darko
Idiosynkrasie mit Hase
It´s a mad world: Nachdem es Richard Kellys faszinierendes SF-Teenage-Drama nie in den heimischen Kinobetrieb schaffte, ist es nun zumindest als Deluxe-DVD erhältlich.
30.03.2004
"Die Wöd steht auf kan Fall mehr lang." Solcherart Ernüchterungsgejaule hört man ja immer wieder einmal. Seltsam wird´s nur, wenn man diese apokalyptische Botschaft von einer mannshohen Hasenfigur mit Horrorfratze übermittelt bekommt. Wie im Fall des 16jährigen Donnie Darko (Jake Gyllenhaal), dem diese Kreatur (eine Art Lyncheske Paraphrase von "Freund Harvey") mit Namen Frank im Zuge dessen schlafwandlerischer Ausflüge darüber informiert, daß diese Welt 28 days later (magischer Zyklus!) das Zeitliche segnen wird. Kurz darauf kracht ihm auch noch aus heiterem Himmel und ungeklärter Ursache eine Flugzeugturbine durch seine Jugendzimmerwand. Als ob´s der neurotische Jungspund nicht ohnehin schon schwer genug hätte...
Der unangepaßte Sonderling und im Kontext seiner erzkonservativen High-School notorische Unruhestifter wird zu allem Überdruß auch noch von seiner Therapeutin mit Psychopharmaka ruhiggestellt (bzw. soll es werden), und die Familie ist sowieso mehr dys- als sonstwie funktional. Dazu kommen allerhand merkwürdige Geschehnisse, die immer gerade dann aufzutreten scheinen, nachdem Donnie von Frank (nur in seinen Visonen?) besucht wurde: seine Schule überflutet, das Haus eines diffusen New-Age-Gurus (grandios type-gecastet: Patrick "Dreckigtänzer" Swayze) bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Und was hat es nur mit dieser mysteriösen "Grandma Death" auf sich? Und ihren Zeitreise- und Wurmlochtheorien? Sicher erscheint Donnie nur die Erkenntnis, daß die Welt sehr bald den Bach runtergehen wird.
Immer enger und enger zieht Regiedebütant Richard Kelly seine kryptischen Erzählschlingen um den Kopf des juvenil-verwirrten Akteurs (und damit der Zuseher), vermengt American Gothic mit Science-Fiction-Zitaten, Teenage-Angst-Drama mit Mystery-Thriller, Liebesgeschichte mit (Drogen-)Halluzinationen zu einer brillanten, bald beißend komischen, bald abgrundtief tragischen Geschichte, die man so noch nie gesehen hat und deshalb nicht so schnell (im alltäglichen Filmalltagsbrei) wieder vergessen haben wird. Schon allein der cleveren, im doppelten Wortsinn parabelhaften Auflösung wegen, die zuvor Gesehenes in gänzlich neuem Licht schimmern läßt, vermeintlich alles Ungeklärte aufdeckt und doch nichts wirklich eindeutig erklärt. Seltsames, bitterschönes und - ja - ganz großes Kino.
Apropos seltsam - mit keinem anderen Wort läßt sich die endlose Geschichte dieses Films hierzulande schildern. Einst zum "Sundance 2001"-Kritikerliebling und im selben Jahr dann in unzähligen englischsprachigen Medien zum Film des Jahres erkoren, war er doch (bis auf zwei Viennale-Vorstellungen) nie in heimischen Kinos zu sehen. Der hauptsächlich über Mundpropaganda, unzählige Lobpreisungen in diversen Internet-Foren und nicht zuletzt einen zu spätem Ruhm gelangten Titelsong (Gary Jules´ "Mad World") erzielten Popularität geschuldet ist daher wohl auch diese nun erschienene und in jeglicher Hinsicht empfehlenswerte DVD-Collector´s-Edition. Als ob Film und die Luxusverpackung (Metall-Box) nicht schon Kaufanreiz genug wären, bietet eine Bonus-DVD nicht weniger als 20 entfallene Szenen (die die Handlung teils erklären, sie teils aber auch in eine andere Richtung lenken hätten können), diesmal wirklich aufschlußreiche Audiokommentare sowie Interviews, Art-Galerien, Trailer etc. Pflichtanschaffung!
Christoph Prenner
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