Print_Print-Tips 2/2004

Literaturdetektive und Schundpiloten

Diesmal führen wir Sie durch die ganze weite Welt der Unterhaltungsliteratur - vom schwärzesten Noir über surreale Short stories bis in den obskuren Kino-Underground.    22.03.2004

 

Jürgen Fichtinger & Peter Hiess

Lyon Sprague de Camp - H.P. Lovecraft: Eine Biographie

(Festa)


Gegen die imaginären Welten H.P. Lovecrafts erscheint die gute alte Hölle wie das Schlaraffenland. De Camp, selbst ein erfolgreicher Phantastikautor, widmete dem Meisterphantasten eine ausführliche Biographie, in der er auf Leben, Werk und die Persönlichkeit des geistigen Vaters der großen Alten eingeht. Erstmals als ungekürzte Fassung innerhalb der Festa-Reihe "Spektrum der Phantasten" erhältlich. Die passende Reiselektüre, falls es Sie einmal nach R´lyeh verschlägt!

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Jasper Fforde - Der Fall Jane Eyre

(dtv premium)


In einem England, das etwas anders ist als das, das wir kennen (sowohl wegen seiner Geschichte als auch wegen dem, was dort als Realität durchgeht), arbeitet Thursday Next als Spezialagentin für jene der vielen Abteilungen des "Special Operations Network", die literarische Fälschungen und andere Fiktionsverbrechen behandelt. Ihre Vater war (oder ist) bei der ChronoGarde, die ihn aber möglicherweise auch fristlos entlassen hat, und taucht immer wieder auf, um ihr unverständliche Ezzes zu geben. Ein ebenso ständiger Begleiter ist Superbösewicht Acheron Hades, ein Böser um des Bösen willen (aber wirklich!), der plötzlich mit Hilfe einer Erfindung von Thursdays Onkel anfängt, Romangestalten aus deren angestammten Büchern zu entführen. "The Eyre Affair", so der Originaltitel, ist ein unglaublich witziger, anspielungsreicher und schön erzählter Phantastikkrimi mit wenig Fantasy, aber umso witzigeren Ideen. Fortsetzung folgt - hoffentlich bald.

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Ernest Tidyman - Shaft beim Kongreß der Totengräber

(Pendragon)


Auf zur dritten Runde heißt es für den coolsten Schnüffler neben Spillanes Mike Hammer. Diesmal wird John Shafts alter Freund Cal Asby, Besitzer eines Bestattungsunternehmens, über den Jordan befördert. Dummerweise hat er den gerade vom Jamaika-Urlaub zurückgekehrten Shaft ein paar Stunden vor seinem Ableben noch engagiert, und so muß sich der nicht nur der Witwe annehmen, sondern auch den verbrecherischen Sumpf hinter der Fassade des friedlichen Unternehmens trockenlegen. Daß die New Yorker Unterwelt wegen eines Machtkampfs bis zum Hals mit drinsteckt, erleichtert ihm die Arbeit nicht gerade.

Kaum zu glauben, aber Ernest Tidyman schafft es im dritten Abenteuer des "Private Dick who gets all the chicks", für noch mehr Action, Sex und Spannung zu sorgen. Daß dabei wieder einige Knochen brechen, liegt auf der Hand. Der Roman rinnt wie feinster Bailey´s die Kehle hinunter und sorgt für literarisches Wohlbefinden erster Klasse. Sofort kaufen, Isaac Hayes ins CD-Deck knallen und in einem durchlesen!

 

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Richard A. Knaak - Der Tag des Drachen

(Dino)


Diesmal nicht "Diablo", sondern mit "Warcraft" ein weiteres Spieleuniversum der Firma Blizzard, das Millionen Gamer fasziniert. Im ersten Roman der dazugehörigen Novelization-Reihe geht es wieder einmal um die endlose Schlacht zwischen Menschen und Orks, in die sich hier aber mächtige Magier, die alten großen Drachen, ein glückloser Nachwuchsmagier und eine Waldelfe einmischen, um die Welt Azeroth vor dem Bösen zu retten. Schwungvoll erzählte Fantasy, die durchaus mit dem üblichen Trilogienstoff mithalten kann.

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Scott Snyder -Happy Fish

(dtv premium)


Es fängt damit an, daß ein Mann mit dem Auto einem mysteriösen Luftschiff, das seine Freundin entführt hat, quer durch ganz Amerika nachjagt. Später gibt´s noch einen anderen Sonderling, der versehentlich eine Sexpuppe per Post erhält und diese dem wahren Empfänger nicht übergibt, weil er sie vor ihm beschützen will. Oder den Provinzburschen, der sich in eine Hollywood-Diva verliebt, die nach einer Schönheitsoperation aufs Land geflüchtet ist (und was er tun muß, um sie zu behalten). Und den Typen, dem ein schwerbesthinderter Country-Sänger, der nur auf der Bühne "funktioniert", die Liebste ausgespannt hat (und was er versucht, um das Mädchen zurückzugewinnen). Die Protagonisten von Snyders Kurzgeschichten wirken alle so, als seien sie der TV-Serie "Twin Peaks" entsprungen oder würden nicht in den echten USA, sondern in einer skurril-surrealistischen Parallelwelt leben, eine halbe Minute von unserer Realität entfernt. Nicht umsonst wird der Autor von manchen Kritikern als "neuer T. C. Boyle" bezeichnet.

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Harvey Fenton - Flesh & Blood Compendium

Original-Tip (FAB Press)


Artikel rund um Horrorfilme aus Italien, Spanien, Japan oder Interviews mit Größen von Russ Meyer über Jim van Bebber bis zu Harry Kümmel finden sich hier ebenso wie Abhandlungen über das Ninsche Designerporno-Œuvre oder Marco Ferreri. Das "Flesh & Blood Compendium" wartet mit knapp 500 Seiten Informations- und Hintergrundmaterial über Kino der etwas anderen Art auf. Darunter finden sich auch Inhalte aus dem längst ausverkauften "Flesh & Blood - Book One" und verschiedenen ebenfalls vergriffenen Ausgaben der Zeitschrift.

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Leo Lukas - Der schwerelose Zug

(Heyne)


Nein, Sie müssen nicht alle sechs Teile der (noch erhältlichen) Taschenbuchreihe "Perry Rhodan: Andromeda" lesen - nur diesen. Weil Leo Lukas als Autor der größten SF-Serie der Welt mindestens so begabt ist wie als Kabarettist. Im Gegensatz zu seinen Schreiberkollegen bei dieser Miniserie erschöpft er sich nicht in öden technischen Beschreibungen und pangalaktischem Blabla, sondern spielt mit Handlungsebenen, läßt witzige Nebencharaktere auftreten (die Eingeweihte an ihren Namen erkennen werden, ebenso wie einen bestimmenten Planeten, der die Spieleindustrie unserer Nachbargalaxis beherbergt) und spart nicht mit lustigen Bemerkungen, Rhodan-untypischen Sexszenen und makabrer Gewaltdarstellung. Der Mann versteht es, Geschichten zu erzählen. Danken Sie es ihm.

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Stephen Hunter - Pale Horse Coming

Original-Tip (Pocket Books)


Härter als hart und schwärzer als die meisten der Noir-Konkurrenten: Stephen Hunter hat sich in den USA nicht umsonst einen Namen als einer der gnadenlosesten Thriller-Autoren der Gegenwart gemacht. Hier führt er seine Leserschaft auf atemberaubenden und sprachlich schnörkellosen 600 Seiten ins Mississippi des Jahres 1951, mitten hinein in die unwegsamste Sumpfgegend dieses Bundesstaats, wo eine Haftanstalt namens Thebes State Penal Farm nicht nur der Gipfel an Rassismus und Ausbeutung ist, sondern auch geheimnisvollen Regierungszwecken dient. Zumindest solange, bis es sich die Verantwortlichen dort mit dem Ex-Marine Earl Swagger von der Arkansas State Police verscherzen. Den der kommt zurück, stur und unbeirrbar wie ein führerloser Bulldozer, und in Begleitung der größten Revolverhelden, die es in Amerika noch gibt. Pflichtlektüre für jeden, der wissen will, wie sich ein Krimi heute lesen muß.

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Peter Hiess/Christian Lunzer - Die zarte Hand des Todes

(Ullstein)


Wenn einen schon vor Ablauf der Zeit der Finger des Todes streift, dann soll dieser wenigstens einer Frau gehören. Dieser "Wunschtraum" wurde für allzuviele wahr, wie Hiess und Lunzer in ihrem letzten Büchlein "Die zarte Hand des Todes" aufzeigen. Gemütliche Giftmischerinnen findet man darin ebenso wie die gern in Blut badende Gräfin Bathory oder waschechte Serienkillerinnen. Neuerdings auch als Taschenbuch.

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Christopher Moore - Die Bibel nach Biff

(Goldmann)


Falls Sie sich fragen, was der gute Herr Jesus in der Zeit vor "Passion of Christ" - also in seinen Jugendjahren - so getrieben hat und wie man überhaupt Messias wird, dann sei Ihnen Moores bisher letzter in deutscher Sprache erschienener Roman ans Herz gelegt. Mit der "Bibel nach Biff" hat der Autor sein bis dato wohl gelungenstes und witzigstes Werk hervorgebracht, was in Anbetracht der Vorgänger ("Coyote Blue", "Lange Zähne" u. a.) eine beträchtliche Leistung darstellt. Lesen, lachen und erleuchtet werden, lautet die Devise!

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Dan Brown - Illuminati

(Bastei-Lübbe)


In den Bestsellerlisten und Flughafenbuchhandlungen entkommt man ihm ja kaum mehr - doch das völlig zurecht. Brown ist nämlich die große Ausnahme unter den Blockbuster-Autoren. Seine Bücher sind nicht nur rasant zu lesende "Pageturner", sondern auch erstklassig recherchiert und immer am Puls der Zeit, wie man sagt. In "Illuminati" geht´s natürlich um die bekannte Verschwörergruppe, die angeblich seit Jahrhunderten die ganze Welt regiert - und wie sie sich mit Hilfe einer Antimateriebombe an ihrem Erzfeind, dem Vatikan, rächen will. Nur Robert Langdon, ein Symbolologe aus Harvard, kann die Katastrophe aufhalten, wenn er sich sehr, sehr beeilt und auf der Rätselrallye durch Rom keine Fehler macht. Und am Schluß kommt dann doch noch alles anders, als man denkt. Bei diesem Buch bereut man keine der Stunden, die man mit seiner Lektüre verbracht hat.

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Dan Brown - Meteor

(Bastei-Lübbe)


Dan Brown, die zweite: Diesmal muß sich Rachel Sexton, Mitarbeiterin eines supergeheimen US-Geheimdiensts, in die Ermittlungs- und Action-Hektik stürzen, um eine Intrige auf höchster Ebene aufzudecken. In der Arktis wird ein eingefrorener Meteor entdeckt, der angeblich außerirdisches Leben enthält. Oder ist das doch alles nur ein Wahlkampf-Gag in der bevorstehenden Schlacht um die amerikanische Präsidentschaft? Und wie entscheidend ist da die Tatsache, daß Rachel die Tochter des chancenreichsten Gegenkandidaten ist, der sich noch dazu als erklärter Feind der NASA aufspielt? Auch diese Rätsel gehören natürlich alle superschnell gelöst, und auch hier erwarten den Leser jede Menge Überraschungen. Insgesamt aber - vielleicht wegen des fehlenden religiösen Aspekts - nur der drittbeste der bisher drei Brown-Thriller. Trotzdem: nette Lektüre für lange Zugfahrten.

Links:

Dan Brown - Sakrileg

(Lübbe)


Dan Brown, die dritte und zur Abwechslung noch im Hardcover: Wir kehren wieder ins Herz der katholischen Religion zurück - oder reisen vielmehr ganz weit zurück in die Geschichte des Glaubens und der Mystik. Robert Langdon, den Protagonisten aus "Illuminati", verschlägt es diesmal nach Paris. Dort wird der Louvre-Direktor ermordet, und da Langdon den Mann gerade zur Tatzeit auf einen Drink treffen wollte, ist er natürlich der Hauptverdächtige. Daß dahinter in Wahrheit viel mehr steckt, ist bei Brown eh klar. Daß es sich dabei um nicht weniger als die legendäre Bruderschaft von Sion und das Geheimnis des Heiligen Grals handelt, läßt einiges erwarten. Daß alles wieder unglaublich schnell gehen muß, Schlag auf Schlag, ohne eine Sekunde Pause, kennen wir aus den Vorgängern. Daß aber auch hier alles anders kommt, als man denkt (und der Status quo wieder einmal gewahrt wird), riecht jetzt schon verdächtig nach Routine.

ausführliche Informationen über den Heiligen Gral (University of Rochester):

Links:

div. - Necrophobia: Die besten Horrorgeschichten der Welt

Hörbuch (LPL Records)


Ein kleines deutsches Label bohrt sich derzeit akustisch in die Köpfe lauschwilliger Phantasten, engagiert es doch professionelle Synchronsprecher, um Lesefaulen die Welt des Grauens nahezubringen. Auf zwei CDs findet man in "Necrophobia" sechs Kurzgeschichten von Brian Lumley über Joe R. Lansdale ("Mein toter Hund Bobby", wunderbar grauslich) und den großen H. P. Lovecraft bis zu Gustav Meyrink. Ideal für gruslige Märchenstunden!

Links:

Hahn/Zybell/Kern/Frenz - Maddrax: Reise in die "Neue Welt"

(Bastei-Lübbe)


Die Heftromanreihe um den Air-Force-Piloten, den es nach einem Kometeneinschlag 500 Jahre in die postapokalyptische, von Mutanten bevölkerte Zukunft verschlägt, ist mittlerweile auch schon auf über 100 Bände angewachsen. Wie die Taschenbuchausgabe da je aufholen soll, bleibt ein Rätsel... Egal. Die hier versammelten Bände 22 bis 26 erzählen von der abenteuerlichen Reise des Matthew Drax (Maddrax, Sie verstehen) und seiner Gefährtin Aruula (die wieder einmal von ihm getrennt wurde) in die ehemaligen USA. Piraten, Monster, Sklaventreiber, ein von Eis überzogenes New York, Zombies - alles da, was der Schundfreund für einen gelungenen langen Abend braucht.

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