Games_Final Fantasy Crystal Chronicles

Die Quadratur des Kreises

Was lange währt, wird endlich gut. So oder ähnlich dachten wohl Gamecube-Besitzer, als eine der renommiertesten Rollenspielserien Nintendos Next-Gen-Konsole betrat...    27.04.2004

Ach, was war das doch für eine Hiobsbotschaft für PS2-Fans, als sie zur Kenntnis nehmen mußten, daß der Gamecube einen exklusiven Ableger "ihrer" Rollenspielserie spendiert bekommt. Doch nach nur wenigen Spielminuten mit dem besagten Game wird sofort klar: Das einzige, was "Crystal Chronicles" mit "Final Fantasy" gemein hat, ist der Name.

Rundenbasierte Kämpfe, wunderschöne Cut-Scenes und eine wahrlich epische Hintergrundgeschichte - all das zeichnete die wohl bekannteste japanische Rollenspielserie bisher aus. "FF CC" besticht hingegen durch Echtzeitkämpfe, wunderschöne In-Game-Graphik und Multiplayer-Tauglichkeit.

Die Optik ist wahrlich bombastisch und zeigt zum wohl ersten Mal, was bei guter Programmierung alles in dem kleinen Würfel steckt. Da muß sogar "Final Fantasy X", die bisherige Schönheitskönigin im Konsolen-Rollenspiel-Genre, die Krone zurückgeben, und selbst die GC-Spiele "Metroid Prime" und "Zelda: The Wind Waker" haben ihre liebe Not, da auch nur annähernd mitzuhalten. Allerdings: Eine echte Hintergrundgeschichte, die irgendwie Licht ins Dunkel bringt, fehlt komplett. Und das ist bei einer so renommierten Rollenspielfirma wie Square Enix, die ja für ihre epischen Storys weltweit bekannt ist, unverzeihlich.

Was dem Spiel an Story fehlt, versuchten die Entwickler mit viel Action und den damit einhergehenden Echtzeitkämpfen wettzumachen. Es blieb beim Versuch. Die Kämpfe sind auf Dauer sehr eintönig, da es keine Combos und sehr wenige Zaubersprüche gibt, um die Monsterschar zu bekämpfen. Zusätzlich haben die Gegner die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen und attackieren ständig nach demselben Muster. Kenner von "FF X" werden auch von der Charakteraufwertung und den zu erwerbenden Fähigkeiten schwer enttäuscht sein. Auch hier wird einem quasi eine Light-Version vorgesetzt, die wohl nicht jedem schmecken dürfte.

Bleibt noch die Hoffnung auf das absolute Novum in einem "FF"-Game - nämlich den Multiplayer-Part. Man muß den Entwicklern zugute halten, daß sie hier völliges Neuland betreten haben, und daher kann sich das Endergebnis umso mehr sehen lassen. Zu zweit, dritt oder viert macht das Spielen natürlich gleich viel mehr Freude. Da sind auch die eintönigen Kämpfe schnell vergessen, wenn man zusammen mit Freunden auf Monster- und Erfahrungspunktejagd gehen kann.

Ein Wermutstropfen bleibt hier allerdings: Um mit mehren Leuten spielen zu können, benötigt man nicht (wie wohl jeder vermuten würde) einfach nur weitere GC-Controller. Nein, hier durfte sich die Marketing-Abteilung wieder profilieren: Jeder benötigt einen Gameboy-Advance samt Verbindungskabel und kann nur durch die Verbindung von selbigem mit dem Würfel mitspielen, der dann quasi als Controller fungiert. Das ist, gelinde gesagt, eine bodenlose Frechheit und ein fadenscheiniges Argument, um den GBA-Verkauf anzukurbeln. Wer sich das Spiel nur wegen des Multiplayer-Teils zulegen will, sollte sich vor dem Kauf überlegen, ob er eine solch hinterfotzige Geschäftspolitik auch noch finanziell unterstützen möchte.

Sieht man das Game nur als Rollenspiel, muß man als GC-Besitzer aber für "FF CC" dankbar sein, da Nintendos Konsole äußerst schwachbrüstig in Bezug auf gute Vertreter des RPG-Genres ist. Als Teil des "Final Fantasy"-Franchise zerbricht das Game hingegen an der Bürde des Namens, weil es kaum Ähnlichkeiten mit den PS2-Vertretern gibt. Man fühlt sich, als würde einem ein Tarantino-Film vorgesetzt, der völlig ohne Brutalität, coole Sprüche und literweise Blut auskommt. Die Erwartungshaltung zerstört einfach den Spielspaß. Für Spieler, die "FF" nur vom Hörensagen kennen oder damit sowieso nichts am Hut haben, ist "Crystal Chronicles" ein sehr guter Zeitvertreib - vor allem zusammen mit ein paar Freunden (GBAs vorausgesetzt...). Alle anderen sollten es antesten, wenn möglich mit wenig oder am besten gar keinen Erwartungen. Fazit: sehr gutes Action-Rollenspiel, aber mit Sicherheit KEIN (gutes) "Final Fantasy".

Christian Krenn