Video_Ipcress - Streng geheim
Palmer, übernehmen Sie!
Sein Name ist nicht Bond, sondern Palmer, Harry Palmer. Michael Caines erstes Abenteuer als britischer Agent der charmanten 60er-Jahre-Filme gibt´s jetzt endlich auf DVD.
09.01.2004
Man nehme Ian Flemings James Bond, luchse ihm sämtliche Super-Gadgets ab, reduziere seinen weiblichen Anhang mindestens um die Hälfte und siedle ihn im wirklichen Leben an - oder zumindest dem, was man während der 60er und 70er Jahre im britischen Spionageroman darunter verstand. Was übrigbleibt, ist Len Deightons Figur des Agenten Harry Palmer, die nicht nur dem Autor zu Ruhm verhalf, sondern auch ihrer Leinwandverkörperung Michael Caine.
1965 brachte Regisseur Sidney J. Furie den smarten Spion mit Autoritätsproblem in "The Ipcress File" erstmals ins Kino. Zur Handlung: Englands bedeutendste Wissenschaftler werden gekidnappt und einer Gehirnwäsche unterzogen. Agent Palmer wird zur entsprechenden Abteilung versetzt und soll Licht ins Geheimdienstdunkel bringen. Dabei stößt er neben zahlreichen bürokratischen Hürden auf Spannungen und Verrat innerhalb der Departments sowie ein mysteriöses Tonband und weiß bald nicht mehr, wem er in diesem Sumpf eigentlich noch trauen kann.
"Ipcress - Streng geheim" bietet im übrigen weit mehr als "nur" spannende Agentenunterhaltung. Vor allem das originelle Kamerakonzept von Regisseur Furie und Kameramann Otto Heller hebt das 60er-Jahre-Spektakel von zahlreichen Genre-Nachfolgern und -Epigonen ab. So späht die Linse etwa durch Schlüssellöcher, dann wiederum zwischen Oberkörper und Arm hindurch, gelegentlich weichen auch die Winkel von seinerzeit üblichen Blickpunkten ab, und zu guter Letzt sorgt die hervorragende Bildkomposition für einen überdurchschnittlichen Filmgenuß. Die musikalische Untermalung des Palmer-Erstlings stammt von John "James Bond" Barry; für die Montage zeichnet Peter Hunt verantwortlich, der ebenfalls bei einigen frühen Bond-Abenteuern seine Finger im Spiel hatte (und außerdem bei einer Folge der "Persuaders").
Selbst die Cast-Liste von "The Ipcress File" liest sich, abgesehen von Michael Caine, wie ein Who´s who der britischen Fernsehgeschichte. Vom "Haus am Eaton Place" über die "Avengers" und "Persuaders" bis hin zu den "Professionals" und "Jason King" - beinahe jedes Gesicht hat man in der einen oder anderen Form bereits aus der Flimmerkiste in Erinnerung. Caine selbst avancierte durch die Darstellung des Deightonschen Agenten zum Superstar. (Gerüchten zufolge soll er im nächsten "Batman"-Streifen Butler Alfred mimen.)
Die DVD hat neben dem Original-Trailer noch informative Texttafeln zu bieten, leider wurde aber auf den im US-Release von Anchor Bay enthaltenen Audiokommentar von Furie und Hunt verzichtet.
Jürgen Fichtinger
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