Country-Sänger/Krimiautor Kinky Friedman will Gouverneur von Texas werden. Ein deutsch-österreichisches Unterstützer-Team berichtet für den EVOLVER von der Wahl.
06.11.2006
Der Kinkster ist mit Willie Nelson befreundet und hat versprochen, die Pferdeschlachthöfe in Texas abzuschaffen, wenn er gewählt wird.
Der Kinkster ist Held seiner eigenen, unglaublich witzigen Kriminalromane - und hat das Schreiben aufgegeben, um sich seiner politischen Karriere zu widmen.
Der Kinkster will Schulen und Gesundheitsprogramme fördern, damit Texas endlich seinem Status als achtreichste Wirtschaftsmacht der Welt gerecht wird.
Der Kinkster setzt sich für erneuerbare Energie (statt Erdöl) ein und will die politische Korrektheit zugunsten echter Religions- und Redefreiheit abschaffen.
Der Kinkster heißt Kinky Friedman, hat sich als Country-Star und Autor einen Namen gemacht, findet das amerikanische Zweiparteiensystem vor allem in seinem Heimat-Bundesstaat unerträglich - und möchte Gouverneur werden. Unter dem schönen Motto: "Why the hell not?"
Wäre man Texaner, dann könnte man gar nicht anders, als Kinky Friedman seine Stimme zu geben. Ist man jedoch ein Kinkster-Fan aus dem alten Europa (und hat dem Mann sogar schon Auftritte hier verschafft), dann kann man praktisch nicht anders, als nach Texas aufzubrechen und den Kandidaten nach Kräften zu unterstützen. So wie das Joachim Steinacher, Reinhard Jellinek (beide aus Österreich), Heinz Plehn (aus Berlin) und "The Mystery Woman" tun - sie alle sind auf verschiedenen Wegen angereist, um bei den Vorbereitungen, am Wahltag und bei den Feiern (Jubel- oder Trauer-?) live dabei zu sein. Was sie dabei erleben, berichten sie exklusiv im EVOLVER. Sofern die Kommunikation nicht aus Gründen der Technik oder des Whiskeys zusammenbricht ...
Daß sich der Kinkster freut, solche Supporter zu haben, können Sie jedenfalls gleich und sofort im folgenden Tondokument hören, in dem er seine österreichischen Freunde begrüßt. Ein Klick genügt ...
Womit wir das Mikrophon an Reini (überprüfen Sie in unserem Team-Verzeichnis bitte selbst, wer hier wer ist - und warum) übergeben, der im folgenden darüber berichtet, was er auf dem Weg nach Texas und in andere amerikanische Regionen gesehen, nicht gesehen und sich gedacht hat.
Take it away, Reini ...
DAY 1
Sitze gerade beim genüßlichen Verzehr einer illegal in die strengen Vereinigten Staaten eingeschmuggelten Wurstsemmel und warte auf den Anschlußflug nach Houston. Da fällt mir etwas auf: Unter den anderen Wartenden sind keine Menschen mit Cowboy-Hut. Da muß etwas faul sein, vielleicht sitze ich doch am falschen Terminal? Des Rätsels Lösung ist zu meinem Glück, daß der Flug nach Houston noch auf sich warten läßt und an diesem Schalter zuvor noch Reisende nach Portland, Oregon abgefertigt werden.
Keine Eile also mit der Wurstsemmel.
Eine Stunde später die erste Kinky-Sichtung. Nicht in echt, aber im Flughafen-Bookshop. Auch nicht als echtes Kinky-Buch, da steht nix zwischen Frank McCourt (offensichtlich falsch eingeordnet) und Euler. Aber die Memoiren von Laura Bush gibt es, und die haben einen Index, und damit findet man leicht die Stelle auf Seite 157 (es geht um die Eröffnung irgendeiner Book-Week an einem recht interessantem Datum (7. bis 9. September 2001 ("and the president was by her side"))): "Kinky Friedman, dressed in a black hat, black jeans and black boots, puffed on a cigar. Laura´s a cheerleader for books, he said. Asked if he votes for Bush, he answered: I didn´t vote."
Zwei Stunden später sind nun wirklich lauter Menschen am Schalter, die nach Houston fliegen. Aber noch immer hat niemand einen Cowboy-Hut auf. Times are changing, people are changing. The world´s a different place they say.
DAY 2
Der Jetlag treibt mich um 5 Uhr 30 Ortszeit aus dem Bett. "Houston TV" zeigt die Frühnachrichten. Und da ist sie, die erste leibhaftige Kinky-Sichtung: Der Kinkster besucht gerade irgendeine Uni, und die Professoren und Professorinnen sagen, sie werden ihn alle wählen. (Und was ist mit den Studenten?!) Er trägt übrigens Zigarre, schwarzen Hut, schwarze Jeans und schwarze Cowboy-Stiefel. Die Kamera zoomt und zeigt die Zigarre in Großaufnahme.
Drei Stunden später, wieder am Airport in Houston. Noch immer keine Cowboy-Hüte. Außer am Kopf eines Zehnjährigen, der allerdings möglicherweise schon seine Halloween-Verkleidung trägt.
DAY 3
Ich unterbreche die Aufzeichnung bis zum Tag 13, weil ich jetzt nach Belize fliege. In den Dschungel und auf die Inseln des Korallenriffs. Auf der Suche nach dem Kinkajou.
DAY 7
Ich unterbreche die Unterbrechung. Tagesausflug nach Tikal, Guatemala. Dort tragen sie Hut. Und zwar so richtig leiwand: Ältere, dunkelhäutige und weißhaarige Männer, die einen Esel neben sich führen und sicher stolz sind auf ihre wettergegerbte Kopfbedeckung. Sie nehmen sie bestimmt niemals ab, nicht einmal im Bett. Und so soll das ja auch sein.
Damen und Herren, Ladies and Gentlemen, willkommen im Spätabendprogramm des EVOLVER - und zur exklusiven Wahl-Nachlese in Sachen Kinky Friedman! Why the hell not?
Diesmal: Welcher Fehler Kinky eventuell die Wahl gekostet hat, welche Bierfirma uns nix für die Werbung zahlt - und welche positiven Folgen das negative Ergebnis haben könnte.
Während sich in Österreich Wahlsieger und -verlierer nach wie vor nicht einig werden wollen, fallen in Texas einsame Entscheidungen. Wird Kinky Friedman doch mitregieren?
Texas beweist Größe, in jeder Hinsicht. Nur bei der Wahl zum Gouverneur haben die Texaner geschlafen - oder sind gar nicht erst hingegangen. Wir berichten live und mit Verspätung.
It´s a looong story ... and you had to be there. Unter diesem Motto könnte die EVOLVER-Reportageserie über den Wahlkampf des Kinky Friedman stehen. Enjoy!
Wozu an die Zukunft denken, wenn die Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet ist? Das ist nicht nur Motto der österreichischen Politik, sondern auch unserer Kinky-Serie ...
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