Akzente_100 Jahre EAV - Ihr habt es so gewollt

100 Jahre und kein bißchen leiser

Die Austropop-Pensionisten luden zur Hundertjahrfeier - und Claudia Jusits war für den EVOLVER dabei.    12.12.2005

Als Überlebender des echten Austropop erläutert Klaus Eberhartinger gleich zu Konzertbeginn den historischen Ursprung der Band im Jahre 1905, als die EAV die seltene Ehre hatte, täglich dem seligen Kaiser ein Ständchen geben zu dürfen - ein Zusammenhang mit dem darauffolgenden Niedergang der Monarchie wird von der Band allerdings heftig bestritten. Danach kommt ein ausführlicher Abriß über diverse von der EAV getätigte "Erfindungen" wie die Gitarre, den Baß, das Schlagzeug, das Saxophon (eigentlich ein verbogenes Alphorn) und die menschliche Stimme.

Als der Stadthallen-Chor auch gleich miterfunden wird, singt das Publikum freudig mit. Derart inspiriert stellt Eberhartinger Leo Bei als den chinesischen EAV-Neuzugang am Baß vor. Der singt dann auch gleich im Judo-Hemd mit Reishütchen "Drei kleine Japanesen", und die Stadthalle brüllt vor Lachen.

Klassiker wie "Alpen-Rap", "Go Karli Go" und "Afrika" im Medley-Format signalisieren heftig bejubelt den Übergang in die Epoche beginnender Chart-Erfolge. Spätestens jetzt wird das Ruhigsitzen zu einer Qual - bei "Geld oder Leben", "Banküberfall" und "Heiße Nächte in Palermo" stehen die meisten schon längst und singen jede Zeile mit.

Aus dem "Blaulicht-Milieu" geht es dann direkt ins "Rotlicht-Milieu" und zu einer märchenhaften Romanze zwischen einem verwunschenen Frosch und einer einschlägigen Dame. Eberhartinger legt einen sensationellen Strip hin, und der Frosch wird erhört - ganz im Gegensatz zu den Insassen eines deutschen Hochsicherheitsgefängnisses, die diesem Teil der Show ganz besonders zugetan waren.

Ähnliche Begeisterung ruft das Reggae-Medley - bestehend aus "Copacabana" und "Möpse" - hervor; auch hier darf ein historischer Verweis auf den steirischen Brauch des Hanfpfeifchens als ländliches Relaxans nicht fehlen. Es folgt eine elegante Überleitung zu "Fata Morgana" und der Palmers-Kobra, dem gefährlichsten Wollstrumpf des Orients.

 

Der letzte Show-Block besteht aus dem "Rock Sanatorium". Die hier befindlichen, zum Teil schwer dementen Gäste - unter anderem STS, Hansi Hinterseer, Fendrich und Falco - werden auf die Bühne gebeten und spielen jeweils einen ihrer großen Hits. Da darf der von "Wolferl, Wolferl"-Rufen angekündigte Wolfgang Ambros nicht fehlen, der - von Leo Bei dargestellt - "Langsam wachst er z´amm" anstimmt. An dieser Stelle läßt sich der "Haribo"- Effekt feststellen: Größere und kleinere Kinder freuen sich, wenn übers Zumpferl gesungen wird.

Als Abschluß gibt es eine ausgiebige Zugabe mit "Küß die Hand, schöne Frau", "Ding Dong" und der versöhnlichen Trinkerballade

"Morgen ...".

Ein Teil des Publikums hat sich in der Zwischenzeit vor der Bühne eingefunden und feiert - unbeeindruckt von den aufgeregten Securities - die Band, bis das unvermeidliche Saallicht angeht.

Fazit des Abends: eine wunderbare Band mit einer herrlichen Show. Tolle Kostüme, besonders bei "Ibrahim" und "God Bless America", der "Tod" bei "Gevatter" erinnert gar an Iron Maidens Eddie!

Auch das pointiert eingesetzte Licht, speziell bei "´s Muarterl",

"Sandlerkönig Eberhard" und "Guru" (Leo fast nackt in honiggelbes Licht getaucht), bleibt in Erinnerung. Lediglich der Sound hätte

stellenweise etwas mehr Druck vertragen können, da sich die EAV mit diesem Programm endgültig vom Hitparaden-Pop wieder in Richtung Rocktheater bewegt.

Claudia Jusits

"100 Jahre EAV - Ihr habt es so gewollt"

live in der Wiener Stadthalle/1. 12. 2005


aktuelles Album: "100 Jahre EAV - Ihr habt es so gewollt" (Ariola/Sony BMG)

 

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