Print_Brian Lumley - Sie lauern in der Tiefe

Cthulhu, Cthulhu!

Unaussprechliche Monstren aus Lovecrafts Universum treiben in Brian Lumleys Titus-Crow-Reihe ihr Unwesen. Statt Grauen macht sich hier jedoch bestenfalls Behagen breit.    18.10.2005

Mit "The Burrowers Beneath" startete Horror-Zampano Brian Lumley in den 70ern eine Horrorserie um Titus Crow als Sherlock Holmes des Paranormalen, deren erster Teil nun auf deutsch erschienen ist. Und um die Parallele komplett zu machen, ist ihm mit Henri-Laurent de Marigny gleich noch ein Dr. Watson zur Seite gestellt. Die Doppelconference zwischen einem G´scheiten und einem Blöden ist ja nicht erst seit Farkas und Waldbrunn, sondern schon seit Arthur Conan Doyle eine gern durchexerziertes Modell.

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Start in den Titus-Crow-Erzählkosmos läßt einen als Leser den Fortsetzungen bestenfalls mäßig gespannt entgegenblicken. Wobei es bereits am erwähnten Doppelconference-Schema hapert, angesichts zweier Helden, die keine sind. Der erstaunlich handlungsarme Horrorroman - die "Action" wird oft in knappe Nacherzählungen und Korrespondenzen verbannt - wartet mit zwei Protagonisten auf, die weniger handeln als anderen dabei zusehen, vor allem den Mitgliedern jener weltumspannenden Geheimorganisation, die sich auf die Vernichtung der Götter und Dämonen des Cthulhu-Mythos spezialisiert haben. Wie in anderen Werken Lumleys stehen auch hier die Wesen der von H. P. Lovecraft ersonnenen Negativ-Mythologie im Zentrum des Geschehens - und Sterbens.

Was mit Crows Alpträumen und seltsamen Steinen, die in unterirdischen Höhlensystemen entdeckt werden, beginnt, schließt mit einem Endkampf zwischen Menschen und Ungeheuern. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei den Steinen nämlich um die seltenen und damit besonders umsorgten Eier der bösartigen Viecher. Was die dämonischen Dinos in Rage bringt und in den Dinojägern den Ehrgeiz weckt, der Brut ein für allemal den Garaus zu machen.

"Sie lauern in der Tiefe" ist mitunter durchaus witzig. Das liegt vor allem an der Figurenzeichnung. Titus Crow, de Marigny und all die anderen wackeren Ghostbuster sind "very british", so britisch sogar, daß sie bereits das Frühstück mit zwei Gläsern Ale hinunterspülen. Eines ist das Buch jedoch nicht: zum Fürchten. Und das liegt auch an einem grundsätzlichen Problem. Lovecraft selbst hat - offenbar mit gutem Grund - weitgehend darauf verzichtet, seine Anspielungen auf ein unterseeisches Dämonengeschlecht und verbotene Bücher zu einer regelrechten Mythologie auszuweiten. Lumley holt das Versäumte nach und sorgt damit weniger für Horror als für unfreiwillige Komik. Cholerische "Würmer mit Tentakeln" (die selbstverständlich grünliche, schleimige Flüssigkeiten absondern) sind halt, auch wenn sie Äonen auf dem Buckel haben mögen und sich zu einer hübschen Höllenhierarchie aufschichten, nicht unbedingt Gegenstand schlafloser Nächte.

Dazu kommt ein Erzählduktus, der weniger Grauen als Behagen erzeugt, ein seltsam aristokratischer Tonfall, der den Roman, der offenbar in der Gegenwart spielen soll, in ein zeitliches und geographisches Nirgendwo entführt. Auch der Kunstgriff, weite Teile des Buches mit den Aufzeichnungen von der Rachsucht der Cthulhu-Wesen dahingeraffter Akteure zu bestreiten, zielt ins Leere. Titus Crows ohnehin eingeschränkter Raum wird damit noch weiter beschnitten - und der Held wirkt in seinem eigenen Roman abwesend.

Reinhard Ebner

Brian Lumley - Sie lauern in der Tiefe

ØØ

(The Burrowers Beneath)


Festa Verlag (Leipzig 2004)

 

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