Video_DVD-Tips/Special 3: Koch-Media

Veröffentlichungen der besonderen Art

Das Münchner DVD-Label ist wohl am ehesten mit US-Spezialisten wie Anchor Bay oder Criterion zu vergleichen. Wir verraten Ihnen, warum - und stellen das Programm vor.    20.12.2005

Als Filmliebhaber und zwanghafter DVD-Käufer wird man hierzulande oft als Mensch zweiter Klasse behandelt. Einerseits

setzen Major-Labels bei ihren Veröffentlichungen aktueller Blockbuster immer mehr den Sparstift an: Features oder Audiokommentare der US-/GB-Pendants werden einfach weggelassen, Booklets gibt es so gut wie keine mehr, stattdessen muß man sich oft über unsinnige Programmkataloge oder Werbezettel für ein Handygame aus dem Hause Jamba (!) ärgern. Noch ärgerlicher gestaltet sich der Kauf diverser Klassiker: In den Staaten längst als liebevoll ausgestattete und im Nice-Price-Segment angesiedelte DVDs erhältlich, werden manche alten Schätze selbst vom hiesigen Label-Ableger immer wieder als rotzfreche Barebone-Scheiben zu weit höheren Preisen unters Volk gebracht. Eine Unverschämtheit sondergleichen, wenn Sie uns fragen ...

(Also lernen Sie lieber Englisch, besorgen Sie sich eine Kreditkarte und greifen sie in dringenden Fällen oder bei wahren Liebhaberthemen auf die oft viel früher erscheinenden und meist qualitativ hochwertigeren US-Releases zurück, sodaß heimische Großkonzerne auf ihrem minderwertigen Klumpert sitzenbleiben!)

Weitaus engagierter präsentieren sich da "Kleinlabels" wie die in München ansässige Koch-Media-Gruppe. Gerade die dort verantwortlichen Herrschaften setzen nämlich trotz günstiger Verkaufspreise auch auf Qualität.

Das Programm reicht von cineastischen Leckerbissen wie Luchino Viscontis "Il Gattopardo" über David Leans Dickens-Verfilmungen bis hin zu britischen Kultserien wie "Die Zwei" oder europäischen Genreklassikern wie Pete Walkers "Frightmare" sowie jeder Menge Italo-Streifen.

Darüberhinaus legt man sich immer wieder ins Zeug, um bestimmte Veröffentlichungen als hübsche Digipacks inklusive informativer Booklets und teilweise exklusiv produziertem Bonusmaterial herauszubringen. Und zwar mit der Gewißheit, daß es sich dabei keineswegs um Konfektionsware für den Massenverkauf handelt. Dafür hätte Koch einen EVOLVER-Preis verdient, wenn es denn einen gäbe. Die Tatsache, daß sich bei den Release-Listen der letzten Wochen obskure Titel wie "Dr. Quinn - Ärztin aus Leidenschaft" oder ein paar belanglose Direct-to-Video-Produktionen eingeschlichen haben, ändert daran auch nichts.

Jürgen Fichtinger

Toll trieben es die alten Briten


Gleich mit der ersten Veröffentlichung machte Koch Media klar, wie der Hase läuft - betraten sie doch die DVD-Arena mit der legendären britischen Serie "Die Zwei", die dank Roger Moore, Toni Curtis und der herrlichen Blödelsynchro Rainer Brandts die Bezeichnung "Kult" zu Recht trägt. Mit dem Harry-Palmer-Vehikel "The Ipcress File" und zuletzt dem Peter-Wyngarde-Double-Feature "Department S" und "Jason King" zollte man weiteren britischen Perlen Tribut. Lesen Sie dazu unsere Besprechungen sowie die EVOLVER-Story "Koteletten, Charme und smarte Typen".

 

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Sergio Sollima


Einen besonderen Platz im Programm von Koch Media nimmt der italienische Regisseur Sergio Sollima ein. Während die bisher veröffentlichten Filme alle mit exklusivem Bonusmaterial ausgestattet sind, übertraf man sich mit dem Release von Sollimas legendärer Italo-Western-Trilogie selbst und produzierte eine liebevoll gestaltete Edition, die nicht nur mit zahlreichen Features wie einer einstündigen Doku aufwartet, sondern auch gleich ein Italo-Western-Lexikon inkl. ausführlichem Sollima-Interview dabei hat. Wenn man bedenkt, in welch lieblosen Versionen Leones "Dollar-Trilogie" bis vor kurzem erhältlich war, sollten sich die rechteinhabenden Major-Labels in Grund und Boden genieren. Bisher letzte Veröffentlichung: das charismatische Freibeuter-Abenteuer "Der schwarze Korsar".

 

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Western von gestern


Auch in Sachen Western-Aufarbeitung gelingt die Grätsche zwischen traditionellen Klassikern und Italo-Perlen: Ob Barbara Stanwyck als eiserne Lady im Sam-Fuller-Streifen "Vierzig Gewehre" das Geschehen dominiert, Robert-Mitchum-Filius Jack in Sergio Corbuccis "Keinen Cent für Ringos Kopf" für echte Männer-Gerechtigkeit sorgt oder Helden wie Santana sowie zahlreiche Django-Derivate die Luft ordentlich mit Blei vollpumpen - es ist immer wieder ein Genuß, dem Genre einen Besuch abzustatten. Gab es einst unter anderem den obskuren Streifen "Blindman - der Vollstrecker" mit Ringo Starr zu sehen, so sorgen aktuell Django (in verschiedenen Variationen) sowie Gary Cooper, Richard Widmark & Co. für ein verstaubtes Halleluja.

 

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Holt die Plastikzähne raus!


Ebenfalls großgeschrieben wurden im Release-Plan immer schon atmosphärische Gruselklassiker aus den Hammer- oder Amicus-Studios; aber auch der Mario-Bava-Klassier "Hatchet for the Honeymoon" findet sich im Programm, ebenso wie Pete Walkers "Frightmare" oder Piers Haggards "In den Krallen des Hexenjägers". Zuletzt veröffentlichte man gleich zwei Streifen mit dem Mann, der Draculas Sexappeal für eine neue Generation auf die Leinwand zauberte: Christopher Lee.

Sowohl "Schloß des Grauens" als auch "Totentanz der Vampire" erfreuen mit exklusivem Bonusmaterial.

 

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Italoknaller


Neben zahlreichen Veröffentlichungen aus dem Spaghetti-Genrereich hat sich Koch Media auch dem wunderbaren italienischen Thriller der Siebziger verschrieben. Ob Mario Adorf in "Der Tod trug schwarzes Leder" um das Leben seines Töchterleins bangt (Stichwort: Teenie-Callgirls), Gastone Moschin für ein kleines bißchen Gerechtigkeit sorgt oder Henry Silva die Puppen in "Der Teufel führt Regie" tanzen läßt: Hier herrscht Spannung der Marke politisch unkorrekt. Sowas gibt´s heute nicht mehr. Leider.

Vor kurzem wurde Damiano Damiani legendärer Franco-Nero-Streifen "Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert" veröffentlicht.

 

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Serien


Last, but not least: TV-Kost.

Sowohl John Crichtons amüsante Streifzüge durch ferne Galaxien in "Farscape" als auch Doug Heffernans echte Männerprobleme in "King of Queens" werden dank Koch Media auch hierzulande abgehandelt. Nebenbei schickte man die ersten drei Staffeln der erfolgreichsten italienischen Serien aller Zeiten - "Allein gegen die Mafia" - wieder auf Tour. Aber auch Lars van Triers eigenwillige "Geister" dürfen in einer liebevoll gestalteten und gut bestückten Edition wieder im Wohnzimmer spuken.

 

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Schwarzer Fleck auf weißer Weste


Leider hat sich in Koch Medias ansonsten lupenreiner Veröffentlichungsweste vor kurzem ein Fauxpas eingeschlichen: Sämtliche Versionen des aktuellen Van-Damme-Rache-Streifens "Wake of Death" wurden drastisch gekürzt. Mit Sicherheit kein großer Verlust für die Menscheit - aber daß die deutsche Zensur im Jahre 2005 noch bei einem ohnehin eher dem traditionellen 80er-Jahre-Haudrauf-Spektakel zugehörigen B-Movie die Schere ansetzt, ist unverschämt und ewiggestrig. Daß das Label jedoch für den österreichischen und Schweizer Markt keine ungekürzte Fassung herausbringt (wie bspw. Mc One bei "Haute Tension"), ist eine Schande.

 

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