My Architect - A Son's Journey
ØØØ
USA 2003
116 Min.
OmU
Regie: Nathaniel Kahn
Darsteller: Louis I. Kahn, Edmund Bacon, Frank O. Gehry u. a.
Louis I. Kahn gilt als einer der einflußreichsten Architekten der Moderne und führte ein mysteriöses Doppelleben. Sein Sohn Nathaniel näherte sich diesen Polen dokumentarisch an. 14.02.2005
1974 stirbt Louis Kahn unerkannt in einem New Yorker Bahnhof an einem Herzinfarkt. Er ist 73, bankrott, hat seine Adresse aus seinem Paß entfernt und kann tagelang nicht identifiziert werden. Sein Sohn Nathaniel ist zu diesem Zeitpunkt erst elf Jahre, der Vater, ein berühmter Architekt, glänzte vor allem durch Abwesenheit. Und gab dem Kind durch eine vielschichtige Existenz offenbar viele Rätsel auf, die dieser 30 Jahre später mit einem persönlich gehaltenen Dokumentarfilm zu knacken sucht.
Auf den Spuren seines ihm unbekannten Über-Vaters klappert der sensible Sohn betagte prominente Zeitgenossen und markante Stationen ab, die den Lebensweg eines Mannes mit vielen Facetten und Widersprüchen nachzeichnen: das bettelarme jüdische Einwandererkind aus Estland; der ewig um Ideen ringende
Architekt, der nach seinem späten Erfolg zum Workaholic und vielreisenden Nomaden mutiert; der Mensch mit hohen Idealen, der neben seiner Ehe langjährige eheähnliche Verhältnisse mit Kindern von drei verschiedenen Frauen führt. Obwohl die Biographie eines sichtlich rastlosen Künstlers relativ interessant und aufregend klingt, werden viele Züge fast verhalten hingehuscht und angedeutet. Oft bleibt unklar, ob absichtlich oder unabsichtlich. Zum Ausgleich schwadroniert Regie-Sohn Nat leider viel zu ausführlich über eher langweilige, oft verzichtbare Facts aus seiner privaten Psychokiste des Seitensprungs-Alleinerzieher-Kids.
Entschädigt wird aber selbst der Laie mit der ziemlich atemberaubenden Architektur von Louis I. Kahn. Die von außen archaisch aussehenden Beton-Ziegel-Gebäude beherbergen einen raffiniert mit Licht, Materialien und Elementen spielenden, sehr modernen Kern, der schnell klar macht, warum Kahn heute zu den einflußreichsten und bedeutendsten Architekten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zählt. Er gilt nicht nur als Erfinder der unverputzten Innenwände - Bauten wie das Salk Institute in Kalifornien, ein grandioser, optisch über dem Wasser schwebender Regierungsbau in Bangladesh oder ein recht spaciges Orchesterschiff sind regelrechte Sixties-Science-Fiction. Mehr davon sowie mehr Gespräche mit den unrettbaren Romantikern, streitbaren Visionären, unverbesserlichen Idealisten und Kunstbesessenen, die der Regisseur auf seiner Reise in die Vergangenheit trifft, anstatt wenig packender Vater-Sohn-Nabelschauen hätten der preisgekrönten Doku über ein an sich ungewöhnliches Leben und Werk entschieden besser getan. So ist sie nur Durchschnitt und vor allem was für einschlägig Interessierte. Die dürfen sich immerhin auf ein kleines "Who's Who" der Architektur on screen freuen.
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