Musik_Junior Boys - Last Exit

Die wunderbare Leichtigkeit des Scheins

Mit Tendenz zum unwiderstehlichen Ohrwurm kommen sie daher, wühlen in der 80ies-Zauberkiste und bauen aus Gefundenem ein elektropoppiges Wunderwerk. Eine Pracht - und keine kleine.    04.01.2005

Ein kollektives Kopfstehen war da im letztjährigen Sommer anläßlich der Veröffentlichung von "Last Exit", des ersten Full-length-Albums der Electro-Popper von den Junior Boys bei den englischsprachigen Schreiberkollegen auszumachen. Das "Uncut"-Magazin etwa behauptete, daß es 2004 kein besseres Album geben werde als das Debüt des kanadischen Trios. Und stand damit stellvertretend für eine Überschwang-Überdosis, an der eine junge Band in diesen Breitengraden schon einmal vorschnell als Medienblase etc. abgekanzelt zu werden und verschütt zu gehen droht. Scheinbar.

Was in der Zwischenzeit passiert ist? Ein gutes halbes Jahr später ist "Last Exit" hierzulande immer noch nur via Import zu beziehen, von Hype-ähnlichen Zuständen nicht die Rede. Was geblieben ist? Zehn neonfarben schimmernde Avant-Pop-Kleinode, die den Autor dieser Zeilen seither nicht mehr aus ihrem Bann ließen. Denn was anfänglich ob seiner Unaufdringlichkeit noch ohne großes Aufsehen zu veranstalten als gediegenes Achtziger-Retro-Beiwagerl daherkam, entfaltet erst nach den ersten Hördurchläufen seinen vollen, unausweichlichen Glanz. So gar nicht jungenhaft unreif, wie es der Bandname suggerieren möchte, ist das, was Mastermind Jeremy Greenspan und Co. hier so spektakulär unspektakulär auf den Punkt bringen: die kühl-verhaltene und melancholische Schönheit des New Romantic Movements und Bands wie New Order oder Human League in ein knackig-kompaktes, exzellent ausformuliertes Soundgewand zu überführen, das keine Minute Zweifel daran läßt, daß man sich im Hier und Jetzt bewegt und dabei dennoch zu einer zeitlosen Brillanz findet.

Das kristalline "Teach Me How To Fight", die melancholische 2Step-Popvariation "High Come Down", das hypnotisch-repetitive "Under The Sun" oder die beiden heimlichen Hits "Birthday" und "More Than Real": allesamt sind sie elektropoppige Wunderwerk, die selbst im Jahrzehnt der elektropoppigen Wunderwerke, den Achtzigern, für viel Glanz und noch mehr Glorie gereicht hätten.

Christoph Prenner

Junior Boys - Last Exit

ØØØØ 1/2


KIN (Kanada 2004)

 

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