Platten_Visions Of Atlantis - Cast Away

Bombast aus der grünen Mark

Gefühlvolle Lyrik, kraftvoller Sound, klassische Arrangements -- das kennt man. Und doch ist manchmal das Gewöhnliche außergewöhnlich ungewöhnlich.    28.11.2004

Klar: Atlantis ist einerseits etwas für Esoteriker und Spinner, andererseits eine gefundene Goldgrube für Autoren, die erfolgreich ahnungslosen Leuten einreden wollen, die ägyptische und südamerikanische Kultur stammten von Überlebenden des von Platon erfundenen untergegangenen Königkreiches ab. Wie dem auch sei - wenn Musiker Visionen aus dem fiktiven Königreich empfangen und sie in anspruchsvollen Gothic-Metal umsetzen, ist alles vergeben und vergessen.

"Cast Away" nennt sich das neue, auf Napalm Records erschienene Album des österreichischen Sextetts Visions Of Atlantis. Man könnte sagen: Es springt genau in die Bresche, die schon Bands wie Nightwish oder vor kurzem Within Temptation geschlagen haben. Könnte man. Doch die im August 2000 entstandene Band macht schon seit Ewigkeiten (also fast fünf Jahren) diese Art von Musik. Umso besser also, daß sie nun ohne irgendwelche Änderungen oder Kompromisse von einem größeren Hörerkreis angenommen werden kann.

Mit "Send Me A Light" startet das Abum und zeigt gleich etwas schüchtern, wie die Visionen aus Atlantis musikalisch klingen: abwechselnder Männer- und Frauengesang, Bombast und treibende Gitarren. Doch das alles ist noch nicht ganz ausgereift - so wie der folgende Titel-Track, obwohl die anfangs eingesetzten Bläser das Herz Salti schlagen lassen vor lauter Pomp. Erst "Lost" zeigt das ganze Können, das Visions Of Atlantis zu bieten haben. All das, was sich auf den Tracks zuvor abzeichnete, spielen sie hier voll aus: Nicoles und Marios Vocals ergänzen sich perfekt und steigern den Song, bis der Refrain einen Ohrwurm sondergleichen losläßt. Ab diesem Zeitpunkt gibt es kaum einen schlechten Song auf "Cast Away". "Realm Of Fantasy" oder "Lemuria" zeigen, daß Visions Of Atlantis eindeutig dann am besten sind, wenn sie langsame Tracks ignorieren und stattdessen mit hymnenhaften Refrains die Headbanger-Fraktion bedienen. Wenn man nicht auf den deutschgefärbten Gesang hört, ist alles in Ordnung.

Milan Knezevic

Visions Of Atlantis - Cast Away

ØØØØ


Napalm Records

(Ö/29. 11. 2004)

 

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