Musik_Massive Attack - Danny the Dog OST

Ein Hundeleben

Eine Band im Mezzanin: Bis feststeht, wohin der weitere Weg der Sound-Pioniere führen könnte, machen sie Auftrags-Jobs - wie diese Vertonung einer Luc-Besson-Produktion.    08.11.2004

Quo vadis, Massive Attack? Diese bange Frage dürften sich nicht nur Sympathisanten der einstigen TripHop-Pioniere in letzter Zeit öfter gestellt haben. Nach dem sehr gelungenen, von Presse wie Hörer aber recht ambivalent rezipierten vierten Album "100th Window" - das aber ohnehin mehr ein Solotrip Robert Del Najas war - befinden sich Bristols finest offenbar noch immer in einer Orientierungsphase. Daddy G, der alte Brummbär, legt nach der Babypause auf seinem Beitrag zur "DJ-Kicks"-Reihe die Soul-, HipHop- und Reggaeeinflüsse der Band offen, während sich das andere noch verbliebene Mitglied Del Naja unter dem Namen Massive Attack erstmals als Score-Composer verdingt, und zwar für die neue Produktion von Luc Besson. Ausgerechnet. Denn von den ausgezeichneten Filmen "Nikita" und "Leon" einmal abgesehen, hat der Franzose besonders in den letzten 10 Jahren kaum Sehenswertes abgeliefert.

Wie dem auch sei: Mit dem Score zu dessen Martial-Arts-Streifen "Danny the Dog" (bzw. "Unleashed") folgt Del Naja Kollegen wie Air, The Notwist, RZA, Billy Corgan oder U.N.K.L.E. und stellt sich der Herausforderung einer Filmvertonung. Weil Massive Attack ja immer schon ein Fall von Musik fürs Kopfkino waren, scheint der Schritt zu komplett instrumentellen Sounds fürs echte Kino gar nicht einmal besonders gewagt. Möchte man meinen. Der Arbeit von U.N.K.L.E. zu "Sexy Beast" nicht unähnlich, verlegt sich Del Naja in Kooperation mit Produzent Neil Davidge auf das Errichten klaustrophobischer Klangwelten, variiert zwischen finsteren Big-Beat-Anleihen ("Atta Boy", "I Am Home"), Klavier- und Streicherminiaturen sowie Ambient-Klangflächen. Man könnte enttäuscht anmerken, daß das Ergebnis klingt wie ein "100th Window" ohne Stimmen - und "Danny the Dog" somit als Ansammlung unfertiger Skizzen des Vorgängers abtun, die den Atmosphäre-Level doch nicht konstant auf hohem Niveau halten.

Damit täte man dem Album aber - ohne den Film dazu gesehen zu haben - sicher unrecht. Denn schließlich lassen sich etwa 90 Prozent aller Filmscores (Kollege Fichtinger wird natürlich widersprechen) im Heimhörgebrauch nicht in der selben Intensität erleben wie mit dazugehörigem Bild - ganz einfach, weil sie dafür auch gar nicht gedacht sind. Und so wird sich aus dieser Platte auch über die zukünftige Ausrichtung Massive Attacks nichts allzu Wesentliches ablesen lassen. Man sollte "Danny The Dog" also ganz einfach als das betrachten, was es ist: als Zwischenstufe, hoffentlich zu neuen Großtaten.

Christoph Prenner

Massive Attack - Danny the Dog OST

ØØØ 1/2


Labels/Virgin/EMI (GB 2004)

 

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