Musik_Score Hunting Vol. 4

Dörfer, Tiger, alte Meister

Eine wirklich hochkarätige Mixtur gilt es diesmal zu erforschen. Mit dabei: Alberto Iglesias, Alex North, James Newton Howard und viele mehr.    10.11.2004

 

Jürgen Fichtinger

James Newton Howard - The Village OST

ØØØØØ


Hollywood Records/Warner (USA 2004)

 

Wenn es um die "mitteljunge" Garde der Hollywood-Komponisten geht, also die Generation zwischen Jerry Goldsmith und John Powell, ragen zwei Talente besonders heraus. Das eine, Hans Zimmer, hat sich primär dem Massenkonsum verschrieben und liefert mit seinen Mitstreitern meist - aber wohlgemerkt nicht immer - Bombastik vom Fließband. Das andere ist James Newton Howard. Der gebürtige Kalifornier hat sich in den letzten Jahren immens gemausert und einige der ausgefeiltesten und vielschichtigsten Scores geliefert, die man derzeit zu hören bekommt. Neben der beeindruckenden musikalischen Vertonung von beispielsweise Scott "Shine" Hicks ebenso beeindruckendem "Snow Falling on Cedars" ist er mit "The Sixth Sense" (aus demselben Jahr) zum Stammkomponisten von M. Night Shyamalan avanciert. Mit "The Village" gelang Howard erneut ein exzellenter Suspense-Score, der unter anderem durch die stark vertretene Streichersektion, allen voran die junge Hilary Hahn, nicht nur in eine längst vergangene Zeit zurückversetzt, sondern auch für angenehme Gänsehaut sorgt.

Newton-Howard und Zimmer sind übrigens beide für den "Batman Begins"-Komponisten-Job im Gespräch.

 

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Alexandre Desplat - Girl With A Pearl Earring OST

ØØØØ


Decca/Universal (D 2004)

 

So wie Kameramann Eduardo Serra in seinen Bildern zu Peter Webbers Vermeer-Mär schwelgt, schöpft auch Komponist Desplat aus dem vollen und liefert einen wunderschön stimmigen Score. Die Geschichte rund um den alten Meister, der in seiner Hausmagd die Inspiration zu seinem berühmtesten Gemälde findet, wird durch Desplats volle, aber trotzdem dezente Tonfolgen passend unterstützt. Dank "Girl With A Pearl Earring" sollte der bisher eher unbekannte Name des Franzosen im Gedächtnis bleiben.

Anspieltips: "Grief´s Theme", "Cornelia", "By the Canal with Pieter".

 

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Stephan Zacharias - Der Untergang OST

ØØØ 1/2


Colloseum/MM Mediatrade (D 2004)

 

Oliver Hirschbiegel und Bernd Eichinger läuten Adolfs letzte Stündlein ein; die dazu passenden Glockenschläge komponierte Stephan Zacharias, der auch schon für die Musik zur Verfilmung des Falles Vera Brühne verantwortlich zeichnete. So wie Hirschbiegel auf Effekthascherei und Bombast verzichtet, gestaltet sich auch der Score eher hintergründig und unaufdringlich. Neben den Originalkompositionen findet sich unter anderem Zarah Leander auf dem Album.

 

Links:

Alberto Iglesias - La Mala Educación

ØØØØ 1/2

(Schlechte Erziehung)


Sony (D 2004)

 

Wenn Pedro Almodóvar mit dem Genre spielt, muß auch Musikus Alberto Iglesias entsprechend nachziehen. So eröffnet er die mittlerweile vierte Zusammenarbeit mit "Titulos de Cabecera" und typisch bedrohlichen Noir-Klängen, bevor er die soeben aufgebaute Spannung gemütlich mit dem Klassiker "Quizas, quizas, quizas", gesungen von Sara Montiel (daran versuchte sich auch schon Doris Day) bricht und in "Cine Olimpo" wieder einsetzen läßt. Es folgt Rossinis wunderbares "Kyrie", etwas später brettert Little Tony mit "Cuore Matto" dahin, und in "Plegaria Attendida" folgt - ganz traditionell - das verrauchte Saxophon. Zuckersüß Melancholisches ist schließlich bei "Carta del Más Alla" zu hören. Mit dem Soundtrack zu "La Mala Educación" beweist Iglesias, der zuletzt für "hable con ella" den Goya-Award (seinen fünften) einheimste, eine rundum geglückte schlechte Erziehung. Iglesias ist übrigens auch der Stammkomponist von Julio "Die Liebenden des Polarkreis" Medem.

 

Links:

Steve Warbeck - Zwei Brüder OST

ØØØØ 1/2


Decca/Universal (D 2004)

 

Weder Suspense noch düstere Noir-Melodien gibt es in Steve Warbecks Musik zu Jean-Jacques Annauds "Two Brothers" - denn Tiger sprechen bekanntlich nicht viel. Und wenn die Riesenkatzen nicht im Disney-Stil zum König der Löwen mutieren sollen, muß man ihr Innerstes mittels dazugehöriger Musik in den Kinosaal projizieren. Warbeck, der schon bei "Shakespeare in Love","Quills" und zuletzt Erik Van Looys sehenswertem "De Zaak Alzheimer" (lesen Sie dazu demnächst den EVOLVER-DVD-Review) zu gefallen wußte, liefert mit "Zwei Brüder" einen unterhaltsam leichtfüßigen Score ab, der dank seiner musikalischen Vielfalt für anhaltenden Hörgenuß sorgt.

 

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Alex North - The Misfits OST

ØØØØ


Varèse Sarabande/MM Media Trade (USA 2004)

 

Der auf einem Stück von Arthur Miller basierende Film von Altmeister John Huston mit Clark Gable, Marilyn Monroe und Montgomery Clift beeindruckt nicht nur durch die Namen großer Stars, sondern auch durch einen hervorragenden Komponisten. Alec North, der zuerst am Moskauer Konservatorium studierte und dann in den USA von Aaron Copland unter dessen Fittiche genommen wurde, mußte seinerzeit bei der Vergabe des Posten gegen seinen einstigen Mentor antreten. Da Copland etwa die doppelte Gage verlangte, fiel Huston die Entscheidung nicht allzu schwer. Die musikalische Bandbreite von "The Misfits" reicht von jazzig-lasziven Tonfolgen über muntere Swing-Klänge bis hin zum lockeren Western-Saloon-Stück "Reno Bar Dance".

Das erinnerungswürdige "Main Theme" schlängelt sich dabei durch die meisten Tracks. North zeichnet unter anderem noch für die Filmmusik von Klassikern wie "A Streetcar Named Desire", "Spartacus", die finanzielle Katastrophe "Cleopatra", "Who´s Afraid of Virginia Woolf?", Disneys "Dragonslayer" oder Scorseses "Goodfellas" verantwortlich. Die legendäre "Unchained Melody" der Righteous Brothers geht übrigens ebenfalls auf sein Konto. Zur CD gibt es ein informatives Booklet.

 

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