American Splendor
ØØØØ
USA 2003
100 Min.
engl. OmU
Regie: Shari Springer Berman & Robert Pulcini
Darsteller: Paul Giamatti, Harvey Pekar, Hope Davis u. a.
Die skurrile Biographie des Comic-Autors Harvey Pekar ist eine ambitionierte Collage aus Real-, Spielfilm und Comedy - und zugleich die liebevolle Würdigung aufrechter Verlierer. 02.09.2004
Es soll ja Leute geben, die sich Filme mit häßlichen Menschen aus Prinzip nicht ansehen. Diesen Die-hard-Ästheten ist dringend angeraten, um "American Splendor" einen großen Bogen zu machen. Allerdings versäumen sie dabei auch einen ziemlichen Spaß.
Für weniger sensible Naturen ist der Film des Regie-Ehepaars Shari Springer Berman und Robert Pulcini eine detailreiche und eloquente Studie über gehobenes Loser-tum, das verschrobene Porträt eines neurotischen, real existierenden Durchschnittsbürgers. Abgewetzt und in vergilbende Farben getaucht gestaltet sich das belanglose Dasein von Harvey Pekar (Paul Giamatti), einem Krankenhausarchivar in Cleveland, wenig ersprießlich. Einsam, depressiv, unverstanden und neurotisch - die Existenz des grantigen, erfolglosen Hypochonders ist ein einziges Scheitern, in dem ihn gerade noch seine Jazzplatten- und Comics-Sammlungen über Wasser halten. Beziehungen, Jobs und Lebenspläne gehen in schöner Regelmäßigkeit den Bach hinunter oder stagnieren in öder Monotonie.
Und das geht solange, bis er unprätentiös schicksalshaft dem Kult-Comic-Künstler Robert Crumb (James Urbaniak) begegnet. In (zunächst) gemeinsamer Arbeit entsteht die Comic-Serie "American Splendor" nach Pekars Geschichten und Alltagsbeobachtungen - und gerät zum echten Underground-Hit. Auch im Privaten bahnt sich nach einem spröden Briefwechsel mit Joyce Brabner (Hope Davis) so etwas wie eine Ahnung vom Glück an.
Die wahre Geschichte Harvey Pekars ist eine Erfolgs-Story, die sich zum Glück total atypisch US-amerikanisch verhält. Allein die Tatsache, daß man ein relativ mickriges Durchschnittsleben exemplarisch hochstilisieren kann, spricht für sich. Mehr noch, daß der bekannte Comic-Schreiber einen für US-Verhältnisse bemerkenswerten Pessimismus kultiviert, sich in seinen Störungen und Blessuren oft behaglich einrichtet und sich beharrlich weigert, an unsinnige Dinge wie Hoffnung, Happy-ends oder Yuppie-Lifestyle zu glauben. Das macht Pekar sympathisch und liebenswert, weil es Paul Giamatti im Film beeindruckend plastisch gestaltet. Viel verdankt sich naturgemäß den Regisseuren, die nicht müde werden, ihr humoriges Porträt des unangepaßten Beinaheversagers mit Herzenswärme, Tiefgang und Vielschichtigkeit auszustatten. Wo es des Guten zuviel wird, schlägt manchmal gefühliger Flokati-Charme durch. Für das allzu Nette und Brave entschädigen allerdings Pekars Freunde, eine Handvoll waschechter Geeks und Nerds, sowie Seitenhiebe auf MTV.
Die artifizielle Mischung aus Real-Doku, schwarzer Komödie und Fiktion erhielt zahlreiche internationale Preise und empfiehlt sich in der Originalfassung.
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